Der erste Radschnellweg Baden-Württembergs führt durch den Kreis Böblingen. Im Mai ist er eröffnet worden. Foto: dpa

Noch sind die Planungen nicht konkret, aber erste Studien versprechen ein großes Potenzial: Ein Radschnellweg soll Bietigheim-Bissingen und Stuttgart verbinden. Dabei gibt es aber einen Knackpunkt.

Ludwigsburg - Eine 20 Kilometer lange Radstrecke von Bietigheim-Bissingen nach Stuttgart, vier Meter breit, dreispurig, möglichst ohne störende Kreuzungen mit Auto- oder Fußgängerverkehr – was wie der Traum jedes radelnden Berufspendlers klingt, könnte bald Realität werden. Erste Zwischenergebnisse einer Machbarkeitsstudie geben Anlass zur Hoffnung: So werden für einen Radschnellweg entlang der B 27 von Bietigheim nach Stuttgart pro Tag im Schnitt mehr als 9000 Radler erwartet – damit liegt der Wert weit über jener Zahl, die laut Verkehrsministerium nötig ist, um den Weg als Strecke mit „vordringlichem Bedarf“ einzustufen: 2500 Radfahrer.

„Das Radfahren ist im Kommen“, sagt der grüne Landtagsabgeordnete Daniel Renkonen. Die Zahlen seien „erfreulich“. Eine zweite mögliche Strecke im Landkreis liegt auch noch über dem Grenzwert: Entlang der B 10 von Vaihingen/Enz über Schwieberdingen nach Stuttgart. Hier werden im Schnitt 3000 Radler am Tag erwartet. Vor allem für die Strecke von Bietigheim über Ludwigsburg in die Landeshauptstadt sieht Renkonen nun eine „einmalige Chance“ gekommen.

Drei Pilotstrecken sind bereits in Planung

Denn das Land möchte bis zum Jahr 2025 zehn Radschnellwege einrichten und fördert dafür Machbarkeitsstudien, die die Landkreise in Auftrag geben. Ziel ist vor allem die Reduktion von Abgasen und Staus. So sind weniger Bus- und Bahnfahrer die Zielgruppe, sondern Menschen, die Wert auf individuelle Mobilität legen – sprich Autofahrer.

Das Land hat bereits mit der Planung von drei Pilotstrecken begonnen: Heidelberg – Mannheim, Heilbronn – Neckarsulm – Bad Wimpfen sowie Stuttgart – Esslingen – Plochingen. Zudem wurde im Mai der erste Radschnellweg im Land freigegeben: Auf der acht Kilometer langen Route zwischen Stuttgart und Böblingen/Sindelfingen fuhren bis Anfang September knapp 85 000 Radfahrer.

Das Landratsamt kennt die Zahl so genau, weil dort ein Zähler installiert ist. Dort spricht man von „sehr positiver Resonanz“, die der Radweg erfährt. Stoßzeiten seien zwischen 6 und 9 Uhr sowie zwischen 16 und 19 Uhr – typische Berufspendlerzeiten. An Werktagen werden zwischen 900 und 1200 Fahrten gezählt. Damit ist man zwar noch etwas entfernt vom angestrebten Ziel von 2000 Fahrten am Tag. Um das volle Potenzial zu erreichen, müssten noch die Anschlussstrecken in Stuttgart, Böblingen und Sindelfingen optimiert werden, sagt eine Sprecherin.

Auch andere Landkreise zeigen Interesse

Der Kreis Ludwigsburg muss sich beeilen, wenn er zum Zuge kommen will. Auch andere Landkreise, etwa Göppingen, haben Interesse an einer Radler-Autobahn bekundet. So weist der Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) seinen Parteikollegen Renkonen in einem Brief denn auch darauf hin, dass „hier zügig Förderanträge gestellt“ werden sollten.

Noch sind die Machbarkeitsstudien, die der Landkreis Ludwigsburg in Auftrag gegeben hat, nicht fertig. Derzeit werden mögliche Strecken geprüft und mit den betroffenen Kommunen abgestimmt. Dabei geht es auch darum, wer am Ende der Baulastträger ist. Offiziell tritt zwar der Landkreis als Bauherr auf, und das Land bezahlt aus Landes- und Bundesmitteln bis zu 87,5 Prozent der Baukosten. Doch wer später etwa für den Unterhalt der Strecke aufkommt, muss noch in einem Vertrag zwischen Land, Landkreis und Kommunen festgelegt werden. Im Landratsamt heißt es auf Nachfrage, dass man „Anfang 2020“ mit der Machbarkeitsstudie und möglichen Streckenverläufen an die Öffentlichkeit gehen wolle. Laut Verkehrsministerium dauert die weitere Planung dann noch einmal zwei Jahre.

Der Knackpunkt ist mal wieder Ludwigsburg

Nimmt man bereits umgesetzte ähnliche Pläne aus den Niederlanden und Dänemark zum Vorbild, müssen die Planer mit Kosten zwischen einer halben und zwei Millionen Euro pro Kilometer Radschnellweg rechnen. Anders als in Böblingen, wo bereits bestehende Infrastruktur genutzt werden konnte – eine ehemalige Panzerstraße – wird die Planung im Kreis Ludwigsburg wohl etwas kniffliger werden. Der Knackpunkt dürfte vor allem die Frage sein, wie die Radler durch Ludwigsburg kommen. Die Stadt wird von der B 27 zerschnitten.

Auch Daniel Renkonen sieht darin eine „Herausforderung“. Er begrüße es jedoch, dass die Stadtverwaltung bereits „sehr großes Interesse“ an dem Radschnellweg signalisiert habe. Mit Anspielung auf das lange Gezerre bei der Diskussion über eine Stadtbahn fügt er hinzu: „Hier brauchen wir die hundertprozentige Unterstützung der Stadt.“