Durch die östliche Ausfahrt des Fellbacher Stadttunnels brauste der Angeklagte weiter Richtung Waiblingen. Foto: Archiv (Patricia Sigerist)

Wegen eines verbotenen Autorennens morgens um 4 Uhr wird ein 22-Jähriger vor dem Amtsgericht Waiblingen verurteilt. Auf der Flucht vor einer Polizeistreife raste er durch den Stadttunnel und ignorierte mehrfach rote Ampeln.

Fellbach -

Kein Wort der Entschuldigung, keine sichtbare Reue, kein Besserungsgelöbnis: Tamer Toluk (Name geändert) ließ durch seinen Verteidiger nur verlautbaren, dass er kein Rennen fahren wollte, sondern aus lauter Panik so schnell gefahren sei. Er habe einem Streifenwagen entkommen wollen und könne sich sein damaliges Verhalten nicht erklären.

Angesichts der Tatsache, dass der junge Mann auch schon mal mit 126 Stundenkilometern durch Stuttgart gebrettert ist und sieben Punkte in der Verkehrssünderdatei hatte, wirkte diese Argumentation in der Verhandlung vor dem Amtsgericht Waiblingen nicht überzeugend. Denn der Angeklagte hatte einige Verkehrsregeln missachtet.

Der 22-Jährige war an einem Februartag morgens kurz nach 4 Uhr einer Streifenwagenbesatzung aufgefallen, weil er aus Richtung Bad Cannstatt kommend schon mal zu schnell auf der Stuttgarter Straße unterwegs war. Als die Beamten hinterherfuhren und ihm per Leuchtschriftsignal, Lichthupe und Blaulicht klarmachen wollten, dass er anhalten solle, gab Tamer Toluk richtig Gas. Er fuhr mit Tempo 120 über eine rote Ampel, raste durch den Stadttunnel, überholte dort verbotswidrig ein Fahrzeug und ignorierte nach dem Tunnelausgang gleich nochmal eine rote Ampel.

Doch statt zähneknirschend den Strafbefehl zu akzeptieren, hatte der 22-Jährige Einspruch eingelegt

Doch damit nicht genug: Während am Teiler Richtung Waiblingen der Streifenwagenfahrer mit einem ausbrechenden Heck zu kämpfen hatte, drückte Tamer Toluk weiter aufs Pedal, überfuhr noch eine rote Ampel und bog nach links Richtung Baumarkt ab. Nach der anschließenden Rechtskurve kam der Angeklagte mit seinem Golf ins Schleudern, knickte auf der dortigen Verkehrsinsel ein Hinweisschild um und musste dann notgedrungen stehen bleiben, weil das linke Vorderrad demoliert war. So weit die Fakten.

Doch statt zähneknirschend den Strafbefehl zu akzeptieren, hatte der 22-Jährige Einspruch eingelegt. Während die Rechtsvertreter davon ausgingen, dass der Angeklagte versucht hatte, „die höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen“ und damit eine Straftat beging, argumentierte der Verteidiger, dass sein Mandant kein Rennen gefahren sei und damit die neue Regelung durch Paragraf 315 D (siehe Hintergrund) nicht in Kraft trete. Es gehe nur um ein paar rote Ampeln, also eine Ordnungswidrigkeit im Bereich von 80 Euro.

Der Angeklagte habe keine Bedenken gegen seine Fahrweise gehabt

Dieser Meinung schlossen sich in ihrer jeweiligen Beurteilung des dargestellten Sachverhalts weder die Staatsanwältin noch Amtsrichter Dautel an. Der Angeklagte habe keine Bedenken gegen seine Fahrweise gehabt und sei grob verkehrswidrig sowie rücksichtslos unterwegs gewesen. Tamer Toluk habe die Absicht gehabt, den Geschwindigkeits-Grenzbereich zu erreichen, damit sei der Tatbestand einer Straftat erfüllt, erklärte der Vorsitzende in seiner Urteilsbegründung.

Wegen einer vorübergehenden Arbeitslosigkeit muss der Angeklagte zwar nur noch 60 Tagessätze zu je 20 Euro zahlen, dafür aber als Verurteilter die Gerichtskosten übernehmen. Und seine Fahrerlaubnis bekommt er in den nächsten neun Monaten auch nicht wieder.