Der Angeklagte sagt zwar nichts zur Tat, aber mit seinem Anwalt bespricht er sich immer wieder. Foto: dpa

Der mutmaßliche Täter hat den Dreifachmord von Villingendorf offenbar bis ins Detail angekündigt, bei dem er seinen sechsjährigen Sohn und zwei weitere Menschen bei dessen Einschulungsfeier erschossen hat.

Rottweil - In der Schulturnhalle von Villingendorf rutschen 50 Abc-Schützen mit ihren Schultüten aufgeregt auf ihren Plätzen hin und her. Draußen auf dem Parkplatz sitzt ein Mann in seinem Auto und wartet darauf, dass er zuschlagen kann. Wenige Stunden später sind drei Menschen tot, darunter auch sein sechsjährige Sohn.

Die Tat am 14. September des vergangenen Jahres hatte der Angeklagte offenbar detailliert angekündigt, wie beim Prozess gegen den 41-Jährigen vor dem Rottweiler Landgericht deutlich wird. Er bringe alle um, soll der Angeklagte bei einem Zufallstreffen in einem Einkaufsmarkt in Singen seiner früheren Lebensgefährtin lautstark verkündet haben: ihren neuen Freund, dessen Kinder aus erster Ehe und den gemeinsamen Sohn, und zwar vor ihren Augen. „Es bleibt dir noch ein Monat“, habe er gesagt. So berichtet es die Schwester der 31-Jährigen im Zeugenstand.

Der mutmaßliche Täter macht diese Drohung wahr: 28 Tage nach dem Zusammentreffen in dem Laden platzt er laut Anklage in die Einschulungsfeier seines Sohns, erschießt den Sechsjährigen und den neuen Freund seiner früheren Lebensgefährtin. Dessen Kinder sind nicht da, aber eine Cousine. Auch sie muss sterben. Seine Exfreundin lässt er am Leben. Das gehöre zu seinem perfiden Plan, glaubt die Staatsanwaltschaft. „Sie ist ständig auf dem Friedhof, sie weint ständig“, sagt die Schwester über die Frau. „Das wollte er.“

Die Polizei kann nicht helfen

Schon in den sieben Jahren zuvor habe der Mann ihre Schwester immer wieder geschlagen, schon während der Schwangerschaft. „Da ging sie ins Frauenhaus.“ Später habe sie sich mehrfach von ihm getrennt, sei aber aus Angst immer wieder zurückgekehrt. Mit dem neuen Freund wollte sie ein neues Leben beginnen, das Paar zog nach Villingendorf, lebte mit dem Kind zurückgezogen unter verdeckter Adresse und mit meist heruntergelassenen Rollläden. Doch offenbar fand der Angeklagte die neue Anschrift heraus: Das Auto wurde zerkratzt, in die Rollläden waren Löcher gestochen.

Nach dem Vorfall in Singen habe ihre Schwester große Angst gehabt. Doch die Polizei habe beschwichtigt. Es sei ja nichts passiert, habe man ihr gesagt. Offenbar seien die Beamten von der jungen, blonden Frau ein wenig genervt gewesen. „Die fanden wohl, dass sie zu oft kam.“ Die Polizisten vertrauten auf ein gerichtlich verhängtes Annäherungsverbot für den Mann. „Leider kommt die Polizei immer erst, wenn es zu spät ist“, klagte die Schwester.

Sechsjähriger will die Mutter beschützen

Auch das Kind, das den Vorfall in Singen miterlebt hatte, litt unter den Drohungen. Eigentlich sei es ein „ganz liebes Kind“ gewesen, berichtete eine Nachbarin. Dann aber sah sie den Jungen mit einem Kinderbaseballschläger hantieren. „Ich muss meine Mama beschützen“, erklärte er. „Mein Papa will meine Mama töten.“

Dann kam der Einschulungstag. „Er war so glücklich“, erzählt der Freund der Schwester als Zeuge. Doch während die Familie den Einschulungsgottesdienst und die Feier in der Schule besucht, ist der Schütze schon am Ort. Kurz nach 13 Uhr sieht eine Zeugin seinen grünen Kleinwagen mit dem auffälligen Konstanzer Kennzeichen an der Schulturnhalle stehen: rückwärts eingeparkt, drinnen ein dunkel gekleideter Mann, der den Verbindungsweg zwischen dem Kindergarten und der Schule beobachtet. Später soll sich der Mann am nahe gelegenen Waldrand aufgehalten haben. Mehrere Jogger und Spaziergänger sehen ihn in seinem Seat sitzen.

Die Schwester hat Glück

Als es dunkel ist, geht er zur Wohnung seiner Exfreundin, wo man noch auf der Terrasse sitzt. „Schönen Abend“, sagt er und feuert mit seinem abgesägten Armeegewehr los. Die Schwester hat Glück: Sie ist schon nach Hause gefahren.