Der Angeklagte selbst wollte sich am Montag nicht äußern. Foto: dpa

Weil er mehrfach bei Gerichten, der Polizei, der Feuerwehr, Kanzleien, Tankstellen und Hotels angerufen hat und seine Gesprächspartner bedroht, beleidigt sowie vor vermeintlichen Anschlägen „gewarnt“ hat, steht ein Mann vor dem Landgericht Stuttgart. Der 36-Jährige sitzt bereits im Gefängnis.

Stuttgart - Der 36-Jährige stand am Montagmorgen nicht zum ersten Mal vor Gericht. Bereits seit seinem 14. Lebensjahr war der Angeklagte in verschiedene Fälle von Betrug, Diebstahl und Körperverletzung verwickelt. Im Juli 2014 wurde er vom Stuttgarter Amtsgericht zu einer Haftstrafe verurteilt, weil er seinen Anwalt, der ihn von Anfang an vertreten hatte, und dessen Mitarbeiter über drei Monate hinweg mit Telefonanrufen terrorisiert hatte. Bis zu 50 Mal täglich hatte der Angeklagte damals die Kanzlei angerufen und die Mitarbeiter als „Kinderschänder“ oder „Steuerhinterzieher“ beleidigt, ihnen gedroht und den Betrieb beeinträchtigt, indem er erfundene Notfälle beim Rettungsdienst gemeldet hatte, die sich in der Kanzlei ereignet hätten. Zudem hatte er den Anwalt angezeigt, ihn früher sexuell missbraucht zu haben. Daraufhin wurde der heute 36-Jährige zu zwei Jahren und sechs Monaten Gefängnis verurteilt.

Offenbar hat sich der Mann im Gefängnis jedoch so vorbildlich verhalten, dass er frühzeitig aus der Haft entlassen wurde und im August 2015 wieder auf freiem Fuß war. Kurz darauf rief er bei der Justizvollzugsanstalt (JVA) Stammheim an, gab sich als sein ehemaliger Anwalt aus und drohte einem Mitarbeiter der JVA, dass er dessen Ehefrau vergewaltigen werde. In den darauffolgenden 16 Monaten rief er noch weitere 19 Mal unter verschiedenen Namen bei diversen Gefängnissen, der Staatsanwaltschaft, dem Stuttgarter Amtsgericht, der Kanzlei seines ehemaligen Anwalts, Notrufzentralen, Hotels und Tankstellen an.

Den eigenen Bruder bedroht

Sogar seinen eigenen Bruder hat er im September 2015 bedroht: Der Angeklagte rief in der Stuttgarter Tankstelle an, in der sein Bruder arbeitet, und forderte 500 Euro von ihm. Im Laufe der Zeit wurden die geforderten Summen größer; im November 2015 forderte er etwa vom Nachtportier eines Hotels im Stuttgarter Süden, dass dieser 100 000 Euro mit einem Taxi an eine Stuttgarter Adresse schicken solle – woraufhin dieser die Polizei alarmierte. Im selben Monat gab sich der Tatverdächtige einen arabischen Namen und gab der Kölner Polizei den frei erfundenen Hinweis, dass drei Freunde von ihm, die einer Terrormiliz angehörten, mehrere Anschläge in der nordrhein-westfälischen Stadt verüben wollten und bereits auf dem Weg zu den jeweiligen Orten seien.

Im Oktober 2016 löste der Angeklagte einen Großeinsatz aus: Er wählte die Notrufnummer, gab sich als sein ehemaliger Anwalt aus und behauptete, dass es in der Kanzlei an der Königstraße brennen würde. Daraufhin rückten 15 Feuerwehrfahrzeuge, die Polizei sowie ein Notarzt an. Dort angekommen, stellten die Einsatzkräfte keinen Brand fest.

Angeklagter gab vermeintliche Terrorhinweise

Aufgrund eines Anrufs des Angeklagten im Januar 2016 musste sogar das komplette Stuttgarter Amtsgericht evakuiert werden. Der Angeklagte behauptete gegenüber einer Mitarbeiterin des Gerichts, dass im Gebäude mehrere Bomben platziert seien. Kurz darauf meldete er der Stuttgarter Feuerwehr, dass er wisse, dass zwei nordafrikanische Terroristen vor einer Feuerwache eine Bombe legen würden.

In den letzten Monaten bevor der 36-Jährige am 18. Januar dieses Jahres in Italien festgenommen wurde, rief er nicht mehr bei Behörden an, sondern drohte den Mitarbeitern der Stuttgarter Kanzlei telefonisch, dass er sie erschießen werde. Außerdem rief er mehrfach bei verschiedenen Stuttgarter Hotels an und forderte von den Mitarbeitern Geld – ansonsten werde er sie oder deren Familien umbringen.

Am Montag gab der Angeklagte an, dass er sich nicht zu den Vorwürfen äußern werde. Am Freitag, 6. Oktober, wird der Prozess vor dem Landgericht fortgesetzt.