In diesem Haus ist ein Siebenjähriger im April erwürgt worden. Foto: 7aktuell/Adomat

War sie depressiv, überfordert, gab es Streit? Immer noch sind die Hintergründe des gewaltsamen Todes eines siebenjährigen Buben im April in Künzelsau unbekannt. Jetzt will sich auch der Sohn der angeklagten Pflegeoma nicht mehr äußern.

Heilbronn/Künzelsau - Seit Ende November wird verhandelt. Nun unternimmt das Heilbronner Landgericht im Fall des im April 2018 im Haus seiner Pflegeoma in Künzelsau gewaltsam zu Tode gekommenen siebenjährigen Buben einen erneuten Anlauf, um die Angeklagte zum Reden zu bringen. 18 Fragen habe sich das Gericht überlegt, erklärt der Vorsitzende Richter Roland Kleinschroth beim Prozess am Freitag. Er liest sie vor. Dann lässt er den Fragebogen an die Prozessbeteiligten verteilen. „Nutzen Sie diese Hausaufgabe“, mahnt er. „Es ist für uns die letzte Hoffnung.“

„Es macht alles nur noch schlimmer“

Dass sie für den Tod des Jungen verantwortlich ist, hat die Frau zu Protokoll gegeben. Die Hintergründe der Tat liegen aber immer noch im Dunkeln. Das, was sie bisher geäußert habe, „macht es für uns nur schlimmer“, sagte der Vater des Jungen, der den Prozess als Nebenkläger verfolgt. War die Pflegeoma, die das Kind seit dem Krabbelalter kannte und der die Eltern vertrauten, am Tatabend in depressiver Verfassung? Gab es einen Streit, weil das Kind nicht baden wollte? Warum blieb das Wasser in der Wanne, obwohl der Junge angeblich bereits ins Bett gegangen war? Wie kam es dazu, dass er wieder in der Wanne landete, nachdem er angeblich schwer atmend aufgewacht war? Als die Eltern ihren Sohn am nächsten Morgen abholen wollten, fanden sie ihn leblos und mit Würgemalen am Hals im Wasser.

Bisher hat sich die Frau lediglich gegenüber dem psychiatrischen Gutachter zu den Vorkommnissen der Tatnacht geäußert. Allerdings seien die Schilderungen auch für ihn nicht schlüssig, sagte der forensische Psychiater Thomas Heinrich. Auch ein Motiv ist bisher nicht erkennbar. Die Hoffnung, vom Sohn der Angeklagten mehr zu erfahren, der mit seiner Mutter im Gefängnis gesprochen hat, musste das Gericht in dieser Woche begraben. Er werde „keine weiteren Aussagen machen“, schrieb er in einer Email, versendet von seinem Smartphone. Als Verwandter hat er ein Zeugnisverweigerungsrecht.

Urteil verschiebt sich

Bis zum nächsten Verhandlungstag bleiben der 70-Jährigen nun zehn Tage. Ob dann Antworten kommen, ließ die Verteidigung offen. An der Zeit dürfte es nicht liegen. Im Untersuchungsgefängnis ist die gepflegt wirkende Frau offenbar eine Außenseiterin. „Keine wollte etwas mit ihr zu tun haben“, berichtete eine Frau vor Gericht, die zeitweise im selben Zellentrakt untergebracht gewesen war. Immer wieder sei sie beschimpft und bedroht worden. „Sie lief beim Hofgang allein und starrte auf den Boden.“ Auch im Gerichtssaal hebt die Frau ihren Blick nicht. Derweil setzte das Gericht zwei weitere Verhandlungstage an. Das Urteil könnte am 6. Februar fallen.