Ein Akt des Protestes gegen Rassismus, aber auch gegen Donald Trump: die Spieler der Dallas Cowboys knien während des Abspielens der amerikanischen Nationalhymne. Foto: dpa

US-Präsident Donald Trump sieht sich in seinem Land mit wachsendem Widerstand konfrontiert. Die Zivilgesellschaft sieht seinem Treiben nicht länger tatenlos zu, beobachtet Washington-Korrespondent Karl Doemens.

Washington - Wer in diesen Tagen ein Spiel der amerikanischen Profi-Football-Liga besucht, wird zu Beginn häufig Zeuge einer ungewöhnlichen Szene. Statt wie üblich beim Abspielen der Nationalhymne die rechte Hand aufs Herz zu legen, gehen einige Sportler in die Knie. Andere haken sich stehend unter. Auf diese Weise demonstrieren die Athleten gegen Rassismus und Polizeigewalt – und gegen Donald Trump. Der Präsident der Vereinigten Staaten hat die aufmüpfigen Spieler mit überwiegend schwarzer Hautfarbe nämlich als „Hurensöhne“ beschimpft. Mit seinen Ausfällen hat Trump den Protest nicht zum Verstummen gebracht. Im Gegenteil: Erste Basketball-Teams haben eine Einladung ins Weiße Haus ausgeschlagen. Und die Bosse der Football-Profivereine weigern sich, ihre Spieler zu maßregeln.

Etwas hat sich verändert in den Vereinigten Staaten. Nach Trumps Amtseinführung schien das Land zunächst in eine Schockstarre zu fallen. Zwar lästerten die linksliberalen Gäste der Oscar-Preisverleihung in Ballkleid und Smoking über den Proleten im Weißen Haus. Doch der stärkste Widerstand gegen die Rechtswende kam nicht aus der Zivilgesellschaft, sondern von der dritten und vierten staatlichen Gewalt: Es waren die Gerichte, die das Muslim-Einreiseverbot frühzeitig stoppten, und es sind die Medien, die dem Präsidenten Tag für Tag Falschaussagen nachweisen und seine Rhetorik entlarven.

Der Widerstand wird größer

Juristen und Journalisten alleine aber werden die zerstörerische Spaltung des Landes, das Einsickern giftiger Ressentiments und die angestrebte Rückabwicklung der Obama-Ära kaum verhindern können. Doch wenn nicht alles täuscht, gewinnt der Widerstand der Zivilgesellschaft gerade deutlich an Kraft und Breite. Nicht, dass der Präsident bei seinen Anhängern nennenswert an Unterstützung verlöre. Aber die schweigende Mehrheit der Amerikaner, die Trump nicht gewählt hat, sieht nicht länger tatenlos zu.

Das zeigt sich nicht nur beim Sport. In dieser Woche musste Trump die Pläne für seine Gesundheitsreform für dieses Jahr beerdigen. Trotz massiven Drucks waren mehrere republikanische Senatoren nicht bereit, das Gesetz zu unterstützen. Offensichtlich haben die Proteste von Patienten und Behinderten Eindruck hinterlassen. Ähnlich ist es bei der Aufkündigung des Bleiberechts für junge Migranten. Dagegen demonstrieren nicht nur die Betroffenen, sondern vor allem viele Wirtschaftsvertreter. Gleichzeitig verzeichnen Rechtshilfevereine im Land einen Rekord-Spendeneingang. Deshalb sucht der Präsident nun nach einer gesichtswahrenden Lösung, die von ihm geplanten Massenabschiebungen wieder auszusetzen.

Viele Bürger kämpfen für ein anderes Amerika

Bemerkenswerterweise treibt nicht die Opposition den Widerstand voran. Die Demokraten wirken nach ihrer desaströsen Wahlniederlage immer noch zerrupft und selbstfixiert. Das Kraftzentrum der neuen Opposition befindet sich außerhalb der Parlamente: Den Sportlerprotest hat Colin Kaepernick, ein einzelner Football-Spieler, vor einem Jahr losgetreten. Die eindrucksvollste Entlarvung von Trumpcare gelang dem Talkshow-Moderator Jimmy Kimmel, der in einer furiosen Wutrede die brutalen Konsequenzen des Gesetzes für seinen herzkranken Sohn aufzeigte.

Vor allem aber bildet sich in den USA eine neue Graswurzel-Bewegung, die sich der Trump-Politik entgegenstellt. Ehrenamtliche Internet-Start-ups koordinieren den Widerstand. Vieles hat noch keine festen Strukturen. Aber eines wird immer deutlicher: Viele US-Bürger sind entschlossen, für das Amerika zu kämpfen, das sie lieben – ein Land der Meinungsfreiheit, der Rassengleichheit und der Toleranz. Je hemmungsloser der Mann im Weißen Haus mit seinem rechten Kulturkampf diese Werte torpediert, desto heftiger wird ihre Gegenwehr werden.