400 Taxifahrer protestieren in Stuttgart gegen die Bundespolitik. Foto: Lichtgut/Leif-H.Piechowski

Was passiert, wenn der Verkehrsminister der Taxibranche zu nahe tritt? Dann kommt die „Scheuerwehr“. Mehr als 400 Fahrzeuge aus dem ganzen Land haben sich am Mittwoch im Corso durch Stuttgart bewegt – und die Kunden vor einer trügerischen Zukunft gewarnt.

Stuttgart - Der Zug misst mehr als drei Kilometer. Taxi reiht sich an Taxi. 400 Fahrzeuge rollen am Mittwochvormittag im Corso vom Cannstatter Wasen in die Stuttgarter Innenstadt. Das ist nicht nur für die Autofahrer und Busfahrgäste nicht zu übersehen, die deshalb im Stau stehen. Ohrenbetäubend ist das Hupkonzert. Der Karlsplatz, den die Autos ansteuern, reicht als Parkfläche vorne und hinten nicht aus.

Aus Stuttgart, Mannheim, Karlsruhe und anderen Teilen Baden-Württembergs sind die Taxler zur landesweiten Protestaktion gekommen. Sie sehen sich an diesem Tag nicht nur als Chauffeure, sondern vor allem als Brandlöscher. „Scheuerwehr“ steht auf den Fahrzeugen – damit auch klar ist, gegen wen sich der Ärger richtet: Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU).

Der hat jüngst ein Eckpunktepapier vorgestellt, das darauf abzielt, das Personenbeförderungsgesetz zu ändern. Unter das fallen auch die Taxis als Teil des öffentlichen Nahverkehrs. Und sie sind mit den Plänen ganz und gar nicht einverstanden. Der Protest ist deshalb Teil eines bundesweiten Aktionstages. In zahlreichen Städten sind am Mittwoch Tausende Taxifahrer auf die Straße gegangen. Mit der überall gleichen Botschaft: „Unsere Taxis, unsere Jobs, Deine Mobilität“, wie es auf den Plakaten und Flugblättern zu lesen ist.

Branche spricht von Frontalangriff

„Dieses Eckpunktepapier ist keine Diskussionsgrundlage, sondern eine Drohung. Ein Frontalangriff auf die Taxibranche und die Verbraucherrechte“, sagt Dietmar Plag von der Stuttgarter Taxi-Auto-Zentrale bei der Kundgebung auf der Planie unter dem Applaus der Versammelten. Scheuer sei der „Totengräber der Taxibranche und vertritt die Interessen von Großkonzernen“.

Das Gewerbe befürchtet, im Vergleich zu neuen Konkurrenten wie dem umstrittenen US-Anbieter Uber oder Mitfahrangeboten wie Clever Shuttle benachteiligt zu werden. Taxis haben rund um die Uhr eine Beförderungspflicht, die Tarife werden von den Behörden festgelegt. Sogenannte Mietwagen dagegen dürfen derzeit nicht an Taxiplätzen stehen und keine Fahrgäste unterwegs spontan einsteigen lassen. Sie dürfen nur auf Bestellung fahren, handeln die Preise selbst aus und müssen danach zum Betriebssitz zurückkehren. Diese Rückkehrpflicht soll fallen, die Ortskundeprüfung ist für sie bereits abgeschafft.

„Wir haben kein Problem damit, uns der Konkurrenz zu stellen. Aber wir brauchen dieselben Rahmenbedingungen“, sagt Alexander Bierig. Der Aufsichtsratschef der Taxi-Zentrale fürchtet, dass sich die vielen kleinen Taxibetriebe bei Lockerungen des Gesetzes nicht gegen die Konkurrenz von großen Konzernen wie Uber, der Deutschen Bahn oder Daimler behaupten können, die mittlerweile allesamt auf dem Markt mitmischen. Es gehe bundesweit um 300 000 Arbeitsplätze in der Taxibranche.

Explodierende Preise?

Die Taxler betonen, dass sie nicht nur für ihre eigene Zukunft auf die Straße gehen. „Taxi bedeutet Daseinsvorsorge, Verlässlichkeit und bezahlbare Preise für die Verbraucher“, sagt Danis Georgiadis vom Stuttgarter Taxiverband. Gäbe es neue Rechte für Uber und Co., komme „ein Preiskampf, der darauf ausgerichtet ist, uns zu vernichten“, bekräftigt Bierig. Das bedeute eine Entwicklung etwa wie bei Hotels: In auslastungsarmen Zeiten wird mit günstigen Angeboten gelockt, aber zu Messezeiten schießen die Preise in die Höhe.

So liefe es aus Sicht der Taxifahrer auch, wenn die nicht an den Tarif gebundenen neuen Konkurrenten den Markt übernähmen: „Wer dann als Kunde nicht mit dem Hunderter wedelt, fährt halt erst am 3. Januar von der Silvesterfeier nach Hause“, so Plag. Man müsse deshalb nicht nur die Politik umstimmen, sondern auch den Kunden klar machen, „welche Probleme auf sie zukommen, wenn dieses Gesetz kommt“. Das seien überhöhte Preise, geringere Sicherheit und sinkende Qualität.

Nach gut einer Stunde Kundgebung rollen die Taxis nach und nach wieder vom Karlsplatz. Wenn es nach den Fahrern geht, war das nicht der letzte Einsatz der „Scheuerwehr“. Sie kündigen weitere Proteste an, bis die Pläne der Politik gekippt werden.