Hamburger Fans sorgen in Bremen für Krawall – und Polizeieinsatz. Foto: dpa

Bei Hochrisikospielen sollen Vereine die Zeche für den Polizeieinsatz zahlen, sagt Christian Gottschalk. Nein, entgegnet Norbert Wallet – der Staat dürfe kein Zensor sein.

Stuttgart - Für den Profi-Fußball und für die Steuerzahler fällt in dieser Woche eine wichtige Entscheidung: Das Bundesverwaltungsgericht verhandelt am Dienstag darüber, ob das Land Bremen bei Risikospielen im Weserstadion die Deutsche Fußball-Liga (DFL) an den Polizeieinsatzkosten beteiligen darf. Das für Freitag erwartete Urteil dürfte bundesweite Auswirkungen haben. Wenn die Richter den Vorstoß billigen, könnten auch andere Bundesländer dem Bremer Beispiel folgen.

Sollen die Vereine die Zeche für den Polizeieinsatz zahlen? Ein Pro und Contra.

Pro

Es geht nicht immer gerecht zu in diesem Land. Da verlieren die Aktivisten von Attac den Status der für Spenden und Steuern so wichtigen Gemeinnützigkeit, der Deutsche Fußball-Bund, der zum Preis eines veritablen Eigenheimes eine Vorstandssitzung in Brasilien anberaumt, hat dieses Privileg jedoch noch inne.

Da bekommen Schüler in Heidelberg für den Polizeieinsatz bei einem Flashmob und dem damit verbundenen Verkehrschaos die Rechnung, die Deutsche Fußball-Liga weigert sich aber beharrlich, selbige für die Einsätze bei Hochrisikospielen in Bremen zu zahlen. Es wäre wünschenswert, wenn das Bundesverwaltungsgericht dies nun ändern würde, der Gerechtigkeit wegen.

Sicher, die Sicherheit zu garantieren ist eine staatliche Grundaufgabe. Das gilt für Fußballspiele, für Rockkonzerte und Weihnachtsmärkte. Anders als bei den meisten anderen Veranstaltungen ist das Gewaltrisiko bei vielen Fußballspielen aber absehbar. Das wissen die Vereine, sie nehmen es in Kauf. Auch wenn Engagement in Fanprojekte gesteckt wird: Es ist nicht genug, um Polizeieinsätze zu vermeiden. Es ist nicht einzusehen, warum der Steuerzahler die Rechnung dafür begleichen soll – zumal die Relationen gewahrt sind, die Vereine nicht über Gebühr belastet würden. Die Bremer Rechnungen für drei Jahre Polizeieinsätze sind in der Summe geringer als das Jahresgehalt von manch einem Spieler.

Contra

Es mag populär sein, die solventen Bundesliga-Clubs für die Polizeieinsätze rund um die Spiele zahlen zu lassen. Richtig ist es nicht. Im Gegenteil: Es rührt an einen wichtigen Grundsatz eines demokratischen Gemeinwesens. Das Gewaltmonopol liegt allein beim Staat. Er ist dafür zuständig, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten – und zwar ohne Ansehung der konkreten Umstände. Die Zuständigkeit der Polizei ist nicht abhängig davon, wer eine Veranstaltung ausrichtet oder um welche Art der Veranstaltung es sich handelt.

Sonst würde der Staat zum Zensor der Bürger. Fußballspiele sind genauso zu schützen wie die Sicherheit bei Rockkonzerten oder öffentlichen Festen. Sonst begibt man sich auf eine schiefe Ebene. Wären etwa auch Demonstrationen privat zu schützen, weil Ausschreitungen nicht ausgeschlossen werden können? Oder Karnevalsumzüge? Oder Wahlkundgebungen?

Und Vereine sind eben auch nicht die Verursacher der öffentlichen Gefährdung rund um die Fußballspiele. Gewalt rund um den Sport ist ein gesamtgesellschaftliches Problem. Dessen Bekämpfung darf man nicht privatisieren. Die DFL hat doch genug Geld – soll sie zahlen. Das scheint die Denkweise der Stadt Bremen zu sein. Wer so denkt, privatisiert die öffentliche Sicherheit. Das ist brandgefährlich. Die Polizei ist zum Schutz aller Bürger da.