„Täterarbeit ist Opferschutz“ – nach dieser Maxime arbeitet die Fachberatungsstelle.Foto:Gottfried Stoppel Foto:  

Kurse und individuelle Beratungen sollen Tätern helfen, ein gewaltfreies Leben zu führen. Ein kleiner Überblick über die Knackpunkte bei der Vorbeugung.

Vorbeugung - Gewalt gibt es in allen Gesellschaftsschichten und allen Altersstufen. Sie ist unabhängig von Bildung, Herkunft, Religion. Das erleben die Mitarbeiter der Fachberatungsstelle Gewaltprävention tagtäglich. In einer Gesprächsrunde erläutern sie, wie ihre Arbeit aussieht. „Zu uns kommen Menschen, die ihre Konflikte mit Gewalt lösen“, sagt Sozialarbeiter Ingo Dinse. Die wenigsten davon sind freiwillig da.

Die Präventionsstelle bietet seit 13 Jahren Hilfe für Menschen, die zu Tätern geworden sind. Sie haben ihre Partner verprügelt, ihre Kinder geschlagen oder einen Menschen auf der Straße angefallen – und sind deswegen verurteilt worden. Ein Teil ihrer Strafe kann eine gerichtlich auferlegte Beratung mit einem Anti-Gewalt-Training oder Anti-Aggressivitäts-Training sein. Zudem bietet die Präventionsstelle einen sogenannten Täter-Opfer-Ausgleich im Jugendstrafverfahren an, der Gerechtigkeit herstellen soll. Das sind nur einige der Betätigungsfelder.

Wer genau wird zum Täter?

„Den einen Typus Täter gibt es nicht“, betont Dinse. Doch ein paar gemeinsame Merkmale haben sie schon: Meist sind es Männer, die bereits in ihrer Kindheit Gewalt erlebt haben. Sie stecken in einer Generationenkette und wenden dieselben Muster an wie ihre Eltern „Die Männer sind kurz vor der Ohnmacht, sie sind sprachlos bei der Tat“, sagt Dinse. Ein weiterer Punkt: Alkohol im Blut. „Das ist ein Katalysator und ein Enthemmer“, erläutert Diplompädagogin Filiz Ablak.

Wie wirkt Gewalt auf Kinder?

Jungen, die sehen, wie ihr Vater ihre Mutter verprügelt, haben oft ein erhöhtes Risiko, später ihre Partnerinnen zu schlagen. Mädchen, die genau dieselbe Szene sehen, sind gefährdet, später zu Opfern zu werden. So entstehen Rollenmuster, die von Generation zu Generation weiter gegeben werden, erklärt Ablak.

Wie fühlen sich die Täter?

Oft, so erklärt es Dinse, sind die Täter frustriert nach der Tat. Sie berichten von ihren eigenen Gewalterfahrungen als Kind. Regelmäßig hört er Sätze wie diesen: „So wollte ich nie werden – und jetzt habe ich meine eigene Frau geschlagen. “

Wie gehen die Sozialarbeiter vor?

Wichtig sei es, die Generationenkette zu durchbrechen und den Tätern andere Handlungsmuster an die Hand zu geben. „Das erlernte Verhalten kann auch wieder verlernt und durch ein anderes Verhalten ersetzt werden“, so Dinse. In der Beratung und im Training gehe es darum, dass die Täter die Verantwortung für das Geschehene übernehmen: „Erst wenn ich die Tat zugebe, bin ich bereit für Veränderung.“

Welches Ziel hat das Training

„Unser oberstes Ziel ist die absolute Gewaltfreiheit“, betont Filiz Ablak. Dazu gehöre nicht nur die körperliche, sondern auch die psychische Gewalt. Im vergangenen Jahr kamen 82 Männer und zehn Frauen in die Beratung nach Waiblingen. Bilanz zu ziehen über den tatsächlichen Erfolg der Arbeit fällt den Mitarbeitern allerdings schwer. Denn wie lassen sich nicht begangene Straftaten zählen.

Warum ist Täterarbeit wichtig

„Täterarbeit ist Opferschutz“, sagt Markus Beck. Er ist Fachbereichsleiter der Gewaltprävention der Sozialberatung Stuttgart, zu der die Präventionsstelle in Waiblingen gehört. Seine Mitarbeiter arbeiten mit gewaltausübenden Menschen und bieten ihnen Unterstützung, um ihre Gewalttätigkeit zu verändern, verringern oder zu überwinden. Eine Frau benötige im Schnitt sieben Jahre um sich vom gewalttätigen Partner zu trennen. „Deshalb ist es umso wichtiger, mit gewaltausübenden Menschen zu arbeiten“, betont Beck.