Der Verfassungsgerichtshof muss klären, ob die Bundespräsidentenwahl in Österreich wiederholt werden muss. Foto: dpa

Das höchste Gericht Österreichs muss klären, ob die Bundespräsidentenwahl wiederholt werden muss. Erste Zeugen gießen Wasser auf die Mühlen der Rechtspopulisten der FPÖ.

Wien - Zum Auftakt des Prozesses um die Gültigkeit der Bundespräsidentenwahl in Österreich haben Zeugen wesentliche Vorwürfe der rechten FPÖ bestätigt. In den Wahlbezirken Innsbruck-Land und Südoststeiermark sind demnach formale Fehler gemacht worden. Dazu gehört das vorzeitige Öffnen von Wahlumschlägen, im Fall der Südoststeiermark auch das vorzeitige Auszählen von Briefwahlstimmen durch nicht zur Wahlkommission gehörende Personen. Begründet wurde das mit der Zeitnot angesichts der Rekordbeteiligung bei der Briefwahl. Zugleich betonten die Zeugen, es gebe keine Hinweis auf Wahlbetrug.

Rund 90 Zeugen geladen

Der Verfassungsgerichtshof begann am Montag mit der Befragung von rund 90 Zeugen aus den Bezirkswahlbehörden. Am Montag waren etwa 25 Zeugen geladen. Die Vernehmung soll bis Donnerstag dauern. Die FPÖ, deren Kandidat Norbert Hofer nur um 31 000 Stimmen den Sieg verpasst hatte, hat die Wahl wegen angeblicher Unregelmäßigkeiten in 94 von 117 Bezirkswahlbehörden bei der Briefwahl angefochten.

Im besonders großen Wahlbezirk Innsbruck-Land, in dem allein rund 14 000 Briefwahlstimmen ausgezählt wurden, sei das äußere der beiden Wahlkuverts bereits am Sonntag geöffnet worden sei, sagte der dortige Wahlleiter Wolfgang Nairz. „Das ist sonst nicht zu schaffen.“ Es habe eine entsprechende Ermächtigung durch die Wahlkommission für vorbereitende Wahlhandlungen gegeben. Diese Ermächtigung sei mündlich erfolgt, aber nicht dokumentiert worden, sagte Nairz. Laut Wahlgesetz dürfen die Stimmen der Briefwahl erst ab 9 Uhr des Folgetags der Wahl ausgezählt werden. Laut Anfechtung der FPÖ dürfen bereits geöffnete Kuverts ohnehin nicht in die Auszählung einfließen.

Ausmaß des formalen Fehlers ausschlaggebend

Eine von der FPÖ entsandte Beisitzerin der Wahlkommission erklärte, ihr sei in der Südoststeiermark die Mitwirkung an der Auszählung der Briefwahlstimmen verweigert worden. Der Bezirkshauptmann (ein regionaler Verwaltungsbeamter) der Südoststeiermark, Alexander Majcan, verwies darauf, dass aus Zeitnot sein wegen eines Krankheitsfalls kurzfristig ernannter Stellvertreter mit einem Team der Verwaltung die Briefwahlstimmen bereits bis Sonntag um Mitternacht ausgezählt hatte.

Entscheidend ist, welches Ausmaß und welche Schwere an formalen Fehlern das Gericht am Ende feststellt. Erst wenn die Richter davon ausgehen, dass die Vorgänge relevant für den Ausgang der Wahl waren, würde der Urnengang möglicherweise wiederholt. Nach dem Ergebnis vom 22. Mai ist der von den Grünen unterstützte Alexander Van der Bellen nächster Bundespräsident Österreichs. Er soll am 8. Juli vereidigt werden. Bis dahin will das Gericht sein Urteil spätestens verkünden.