Der Sieger des 62. Eurovision Song Contest (ESC), Salvador Sobral aus Portugal freut sich mit der Siegertrophäe. Foto: AP

Sie startete als Hoffnungsträgerin, doch am Ende kullerten die Tränen: Deutschlands Levina ist beim Eurovision Song Contest nur knapp am letzten Platz vorbeigeschrammt. Umso größer ist der Jubel in Portugal.

Kiew - Portugal gewinnt zum ersten Mal den Eurovision Song Contest, während Deutschland die dritte Pleite in Folge erlebt. Der portugiesische Sänger Salvador Sobral landete in der Nacht zum Sonntag mit 758 Punkten ganz vorne. Die deutsche Kandidatin Levina bekam magere 6 Punkte und konnte sich gerade noch vor das letztplatzierte Spanien schieben, das 5 Punkte holte. Zweiter wurde Bulgarien mit 615 Punkten. Moldau erreichte mit 374 Punkten Rang drei.

Salvador Sobral (27) verzichtete auf eine spektakuläre Show, er überzeugte mit viel Gefühl. Die in seiner Muttersprache vorgetragene Jazz-Ballade „Amar Pelos Dois“ (Liebe für zwei) geht auf eine Komposition seiner Schwester Luísa Sobral zurück. Am Ende der großen Live-Show aus der ukrainischen Hauptstadt Kiew sangen die beiden den Song gemeinsam, während Goldglitter vom Hallendach rieselte.

Seinen Triumph sieht ESC-Gewinner Sobral als Sieg der Musik. „Ich wünschte, dass ich Änderungen in die Popmusik einbringen könnte“, sagte er nach der Finalshow in Kiew. Er finde es nicht gut, wenn ein Lied oft am Tag im Radio gespielt werde, damit die Menschen es liebten.

Auch Levina (26), die in Bonn geboren wurde, in Chemnitz aufwuchs und heute in London und Berlin wohnt, hatte sich für einen eher reduzierten, von Grautönen dominierten Auftritt entschieden. Barfuß, mit dunklem Rock und hellem Oberteil sang sie vor vergleichsweise schlichter Kulisse allein auf der Bühne ihren Song „Perfect Life“.

Levina spricht von „wundervoller Erfahrung“

Nach dem ersten Schock über den vorletzten Platz - sie musste sich zwischenzeitlich die Tränen aus den Augen wischen - konnte Levina kurz darauf schon wieder lachen. Es sei trotzdem eine „wundervolle Erfahrung“ gewesen, sagte sie in der ARD. Sie habe so viel Spaß gehabt und tolle neue Leute kennengelernt.

Levina bedankte sich bei Irland - der einzigen Länderjury, die Deutschland Punkte gab, nämlich drei. Die übrigen drei Punkte kamen ganz am Schluss durch die Publikumsabstimmung dazu.

Es ist das dritte deutsche ESC-Debakel in Folge. 2016 hatte Jamie-Lee für ihr Lied „Ghost“ nur 11 Punkte bekommen und war Letzte geworden - ebenso wie im Jahr zuvor Ann Sophie, die mit „Black Smoke“ keinen einzigen Punkt geholt hatte.

Die Show mit geschätzt 200 Millionen Zuschauern bot wie immer beim ESC viele bunte Beiträge. Der lange Zeit als Favorit gehandelte Italiener Francesco Gabbani („Occidentali’s Karma“) tanzte mit jemandem im Gorilla-Kostüm auf der Bühne. Mit 334 Punkten reichte es am Ende für Platz sechs.

Beim Beitrag von Aserbaidschan stand ein Mann mit Pferdekopf auf einer Leiter, und der Kandidat Kroatiens, Jacques Houdek, performte als Opern- und Pop-Sänger in einem quasi ein Duett mit sich selbst. Gute Laune verbreitete direkt vor dem Auftritt Levinas der Beitrag Rumäniens mit einer Jodel-Einlage.

Alle jüngsten Teilnehmer in den Top Ten

Die drei mit jeweils 17 Jahren jüngsten ESC-Teilnehmer schafften es allesamt in die Top Ten: neben dem für Bulgarien gestarteten Kristian Kostov, der mit „Beautiful Mess“ Zweiter wurde, auch die Belgierin Blanche („City Lights“, Platz vier) sowie der Australier Isaiah („Don’t Come Easy“, Platz neun).

Dass Australien nun zum dritten Mal beim Eurovision Song Contest mitmachen durfte, gehört zu den Kuriositäten des Wettbewerbs. In dem Land am anderen Ende der Welt hat der ESC eine große Fangemeinde.

Überschattet wurde der eigentlich unpolitische Wettbewerb vom Konflikt zwischen dem Gastgeberland Ukraine und Russland. Der russischen Kandidatin Julia Samoilowa wurde wegen eines Auftritts auf der von Russland annektierten Halbinsel Krim die Einreise in die Ukraine verwehrt. Nach neuer blutiger Gewalt in der Ostukraine sagte Präsident Petro Poroschenko am Samstag seinen Besuch beim Finale ab.

In Kiew gab es rund um das internationale Ausstellungszentrum, in dem der ESC über die Bühne ging, strenge Sicherheitsvorkehrungen. Hunderte Polizisten und die Nationalgarde bewachten die Straßen. Zufahrtswege waren mit Betonblöcken geschützt.

Im vergangenen Jahr hatte die Kandidatin Jamala mit „1944“ - einem Lied über das Schicksal der Krimtataren - gewonnen und so den ESC zum zweiten Mal in die Ukraine geholt.

Auch Deutschland hat bisher zweimal beim ESC gesiegt: Lena triumphierte im Jahr 2010 mit ihrem Song „Satellite“ und Nicole 1982 mit „Ein bisschen Frieden“.

Wie schon im vergangenen Jahr wurden Jury- und Publikumswertungen in Kiew getrennt vorgetragen. Die 12 deutschen Jurypunkte - bekanntgegeben von Barbara Schöneberger von der Hamburger Reeperbahn - gingen an Norwegen. Die 12 Publikumspunkte aus Deutschland erhielt hingegen Portugal. Die Jury-Mitglieder Nicole, Joy Denalane, Adel Tawil, Wincent Weiss und Andreas Herbig feierten gemeinsam mit Tausenden Fans auf der ESC-Party auf der Reeperbahn.