Eine gewichtige Szene aus dem Preisträger-Werbefilm „Tears in Heaven“ von Bernd Faass Foto: Filmakademie

Zweimal Gold für Beiträge der Ludwigsburger Filmakademie: Eine internationale Jury kürt Ben Miethke und Bernd Faass zu den Gewinnern des von Porsche ausgelobten Filmpreises. Am Dienstagabend wurden die Preisträger im Porsche-Museum ausgezeichnet.

Ludwigsburg - Der olivgrüne Mercedes der Baureihe 123 rollt und rollt – von der Türkei bis in den Ruhrpott. Auf der Rückbank sitzt ein kleiner Junge mit melancholischem Blick. Er weiß nicht, was auf ihn zukommt im neuen Land. Tatsächlich macht er einiges durch, Stippvisite auf der schiefen Bahn inklusive, bis er als junger Mann endlich verortet ist und merkt, wo er hingehört – und irgendwann seinen Vater zur Fahrt im grünen Daimler von damals einlädt. Der Wagen, inzwischen ein Oldtimer, ist der Inbegriff von Verlässlichkeit im Auf und Ab im Leben des Protagonisten.

„Great storytelling“, sagt einer, „Emotional deepness“ und „Very well executed“ andere: Die beifälligen bis begeisterten Kommentare, die eine Handvoll Werbefilm-Experten von sich gibt, sprechen Bände. Sie sitzen, die meisten eine Tasse starken Kaffees gegen die Morgenmattigkeit vor sich, im Metropolis-Gebäude der Filmakademie Ludwigsburg und fachsimpeln über den Spot. Allerdings erst, nachdem Austen Humphries von der britischen Kreativ-Schmiede Rattling Stick klargestellt hat, dass er vom Brexit nun wirklich überhaupt nichts hält.

Die Fachleute entscheiden darüber, welche Werbefilmtalente den Porsche International Student Advertising Film Award 2018 bekommen sollen. Aus 104 Wettbewerbsbeiträgen von vier Kontinenten haben sie die besten zehn herausgefiltert. Am Dienstagmorgen geht es darum, wer es aufs Treppchen schafft und Ruhm, Ehre sowie einen hübschen Batzen Preisgeld von Porsche einstreicht.

Fiktive Werbung für reale Marken

Markus Weber aus München, Austen Humphries und Katie Lambert aus London, Britta Poetzsch aus Hamburg und Jacques Vereecken aus Amsterdam sind sich einig über den Dreiminüter, in dem der Regisseur Ben Miethke und die Producerin Madlen Folk Mercedes-Werbung in Migrationsgeschichte miteinander verweben. Auf eher beiläufige Art werden in dem Streifen „Benim Evim Sensin / Welcome home“ Autofahr-Momente gefeiert, die Geschichte selbst trifft den Nerv der Zeit. „Er bringt vieles auf den Punkt“, findet Porsche-Marketingchef Oliver Hoffmann.

Der Film tut das nicht im Auftrag von Mercedes: Es handelt sich um fiktive Werbung für eine reale Marke, wie fast alle Beiträge auf der Shortlist der besten Zehn. Die wenigsten sind von Firmen bezahlte Spots. Fast alle Teilnehmer sind Studenten oder frischgebackene Absolventen. Die Filmakademie Baden-Württemberg ist im Bewerberfeld überproportional vertreten. „Sicher auch, weil wir eine der wenigen Akademien sind, die Werberegie als Studienschwerpunkt anbieten“, begründet Fenja Schnitzer von der Öffentlichkeitsarbeit der Ludwigsburger Kaderschmiede.

Es zählen Esprit, Herzblut und Originalität

Beim Sichten der Filme weiß die Jury allerdings nichts darüber: Sie bewertet alle Einsendungen ohne Kenntnis der Herkunft. Auch in der Finalwertung sollen sich die Preisrichter nicht von der Ausbildungsstätte leiten lassen, die in Sachen Bugdet und Ausstattung teils nicht miteinander konkurrieren können. Es zählt, mit wie viel Esprit, Ideenreichtum, Herzblut und Originalität die Werbefilme gemacht sind.

Und da fällt auch bei der Bewertung der Besten noch manches harsche Wort. „Wie man so viel Mühe, gute Ideen und tolle Schauspieler in ein Projekt stecken kann und es dann im Nichts landen lässt, ist mir unbegreiflich“, kommentiert Britta Poezsch einen Beitrag, bei dem die Pointe nicht hält, was der Plot versprach. Die Juroren überlegen, ob ihre Beanstandungen in die Laudatio mit einfließen sollen. Ja, findet der Niederländer Jacques Vereecken. Es unter die Finalisten geschafft zu haben, sei schon eine Auszeichnung an sich für die jungen Filmer. Dennoch stünden sie am Anfang ihrer Karriere und bräuchten ein ehrliches Feedback.

Ein ehrliches Feedback muss sein

Die meisten Filme goutiert die Jury aber: Sie sprühten vor Witz und überzeugten mit abstrusen Wendungen und überraschenden Einstellungen, aber auch mit gesellschaftskritischen Elementen. Etwa der sarkastisch angehauchte Beitrag „myBorders joyFence“ von Michael Kranz von der Hochschule für Fernsehen und Film in München. Er bewirbt ein fiktives mobiles Grenzmauersystem, mit dessen Hilfe man sich im Handumdrehen alles vom Leib halten kann, was einem nicht ins persönliche Weltbild passt – Flüchtlinge, Obdachlose oder Menschen mit anderer Hautfarbe.

Bei den Preisen haben dennoch Ludwigsburger die Nase vorne. In der Sparte „Mobility“, in der die Beiträge allerdings ausschließlich dem herkömmlichen Mobilitätsbegriff in Form von Autos und Motorrädern huldigen, gewinnt Ben Miethkes Film „Benim Evim Sensin“. Platz zwei geht in dieser Kategorie ebenfalls an eine Studenten der Filmakademie Baden-Württemberg: Luca Homolka erhält ihn für den Spot „Born in Britain“. Drittplatzierter ist Falk Poetz (Die Mediena Academy / Universität Mittweida) mit dem Film „The Future is Everyone’s“.

In der Sparte „Classical Categorie/Other Formats“ hat mit der famosen, aberwitzigen Produktion „Tears in Heaven“ über drei skurrile Wodka-Produzenten Bernd Faass von der Ludwigsburger Filmakademie Gold geholt. Auch Silber geht an einen Filmakademie-Studenten: an Lars Timmermann mit dem kurzen, knackigen und witzigen Spot „Black Stallion“. Dritter im Bunde in dieser Kategorie ist Michael Kranz mit „myBorder’s joyFence“.

Alle Top-10-Spots sind unter https://vimeo.com/porscheaward zu sehen.