In der Porsche-Manufaktur in Zuffenhausen entsteht der 918 Spyder. Wir nehmen Sie mit auf einen exklusiven Einblick in die Manukatur – klicken Sie sich durch unsere Bildergalerie. Foto: Porsche AG

Bei Porsche in Zuffenhausen rüstet man sich für die automobile Zukunft: In der alten Lackiererei entsteht in Handarbeit das Hybridfahrzeug 918 Spyder. Klicken Sie sich durch unsere Bildergalerie und erhalten Sie einen exklusiven Einblick in die Manufaktur.

Stuttgart - Bei Porsche in Zuffenhausen rollt seit 50 Jahren die Ikone Porsche 911 vom Band. Der Sportwagenbauer rüstet sich am Stammsitz aber auch für die automobile Zukunft: In der alten, 2012 stillgelegten Lackiererei entsteht in Handarbeit das Hybridfahrzeug 918 Spyder. Es ist das wohl ehrgeizigste Porsche-Projekt.

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Wo bleibt das Surren der Akkuschrauber, das Zischen der Druckluftwerkzeuge, das rhythmische Klackern des Fließbands? Im zweiten Stock der ehemaligen Porsche-Lackiererei in Zuffenhausen fehlt jede Geräuschkulisse der Serienproduktion. Geschafft wird trotzdem, und zwar sehr konzentriert. In Handarbeit entsteht hier ein Supersportwagen, der Maßstäbe bei Leistung und Verbrauch setzen soll.

Nach dem Start der neuen Lackiererei hat Porsche seit März 2012 rund 4000 Tonnen Schrott aus der alten geräumt und akribisch die Manufaktur des 918 Spyder aufgebaut. Zurzeit läuft die Montage der Vorserie. Bis Ende Juli werden 25 Hybridautos auf Straße und Rennstrecke und mindestens fünf davon zum Crashtest ins Weissacher Entwicklungszentrum geschickt. Am 18. November wird das erste Kundenfahrzeug montiert.

Beim Carrera GT hatte das Stammwerk 2003 gegen Leipzig verloren

Im März 2010 hatte Porsche seinen neuen Supersportler auf dem Autosalon in Genf vorgestellt. Michael Drolshagen, heute Produktionsleiter und auch für Logistik und Qualität verantwortlich, war mit dabei. „Die Preisfrage für uns war damals, wo wir das Auto bauen“, sagt der 42-jährige Ingenieur.

Beim Porsche-Renner Carrera GT hatte das Stammwerk 2003 gegen Leipzig verloren. Nun aber besann sich das Management. „Jeder, der an Rennsport denkt, denkt an Zuffenhausen“, sagt Drolshagen. „Viele Kunden holen ihren Porsche direkt im Werk ab, vor allem die Nordamerikaner. In den USA ist Zuffenhausen bekannter als Stuttgart“, betont Unternehmenssprecher Heiner von der Laden den Ruf des Standorts. Der Vorstand hörte ihn und entschied, den Manufakturbetrieb am Stammsitz aufzubauen. „Diese Fläche bleibt Produktionsstätte für Kleinserien oder besondere Herausforderungen“, verdeutlicht Drolshagen, wie wichtig der Beschluss für Zuffenhausen ist.

Mit dem 918 Spyder macht Porsche gleich zwei große Schritte in die Zukunft. Das Auto besteht aus CFK, das ist mit Kohlenstofffasern verstärkter, extrem fester Kunststoff. Für Bewegung sorgt ein Verbund von V-8-Benziner (612 PS) und zwei Elektromotoren (275 PS). Die Batterieladung reicht für 30 Kilometer emissionsfreie Fahrt. Eilige können 340 Kilometer pro Stunde zurücklegen.

Kein Mitarbeiter musste lang gebeten werden

Für die Fertigung des 918 Spyder hat Porsche 100 Mitarbeiter aus der 3000 Köpfe zählenden Zuffenhausener Produktionsmannschaft eingestellt. Gebeten werden musste keiner.

„Das ist eine echte Herausforderung, bei so einem Projekt mitzumachen, das kommt so schnell nicht wieder“, sagt Volkan Atas. Der 32-jährige Kfz-Mechaniker ist für die Montage eines kompletten Motors verantwortlich. 20 Stunden baut er an sieben Stationen den Aluminium-V-8 zusammen. Das Aggregat läuft anschließend eine Stunde lang auf dem Heißprüfstand. Bei Atas steht der einzige Roboter in der Halle. Die Maschine trägt eine dünne Raupe Dichtungsmasse auf die Zylinderköpfe auf.

Wenige Meter weiter überzieht Giuseppe Fattorusso eine Türverkleidung mit rotem Leder. „Ich war schon bei den Prototypen dabei“, sagt er. „Mein Abteilungsleiter hat mich damals angesprochen. Wer will da nicht mitmachen?“, fragt der 35-jährige Sattler, der bei Porsche ausgebildet wurde. Weil er von Anfang an dabei ist, konnte er ein paar Ideen umsetzten, sagt Fattorusso.

„Ich habe mich spontan für die Manufaktur beworben und nach zwei Tagen die Zusage bekommen“, freut sich Klaus Simon. Mit 56 Jahren ist der Mann, der am 911er-Band als Springer in der Fahrwerksmontage geschätzt wird, der Älteste in der Halle. Und mit 28 Jahren im Betrieb fast so lange dabei wie Thomas Moye. „Das ist etwas ganz Neues hier, neue Technologien, neue Materialien“, gerät Moye (52) ins Schwärmen.

Der 918 Spyder ist ein Prestigeprojekt

Drolshagen kennt jeden Mitarbeiter. Er setzt auf deren Praxisbezug. „Die besten Ideen beim Prototypenbau kamen direkt aus der Praxis, von den Werkern“, sagt der Maschinenbau-Ingenieur. An jeder Ecke der von Tageslicht durchfluteten Halle stehen Flipcharts. Auf den großen Blöcken wird notiert, was verbessert werden soll. Die Liste wird täglich um 15 Uhr abgearbeitet.

Der 918 Spyder ist ein Prestigeprojekt. Nicht nur für Porsche, auch für die Zulieferer. Sieben Firmen fertigen Kohlefaser-Teile. An das zentrale Monocoque, die aus Österreich kommende Fahrgastzelle, werden alle anderen Bauteile angeschraubt. „Wir haben für die Befestigungspunkte 0,2 Millimeter Toleranz“, sagt Drolshagen. Die Batterie für den Elektroantrieb liefert Bosch. Diverse Sensoren garantieren dem Akku ein 20-Grad-Wohlfühlklima. „Der Aufladevorgang bei einem Porsche ist viel sicherer als bei einem Handy“, sagt Drolshagen. Noch ein Unterschied zum Handy: Auf den Akku gibt Porsche sieben Jahre Garantie.

Um 300 Kilogramm Hochvolt-Technik zu kompensieren und das Fahrzeuggewicht auf 1640 Kilo zu drücken, wird ein enormer Aufwand getrieben. Dazu gehören CFK-Kugellager, Titanschrauben, Magnesiumräder. Der Preis ist mit 770 000 Euro nicht volkstümlich, aber im Vergleich mit den CFK-Hybriden von McLaren und Ferrari (eine und 1,2 Millionen Euro) fast ein Schnäppchen. „Trotz extremer Sportlichkeit muss bei einem Porsche Alltagstauglichkeit und Eleganz gegeben sein“, erinnert Heiner von der Laden an die Maxime von Ferry Porsche.

918 Spyder werden gebaut. Mehr als ein Drittel ist verkauft. „Wenn sie heute bestellen, müssen sie bis in die zweite Jahreshälfte 2014 warten“, sagt Michael Drolshagen. Irgendwie beruhigend, dass selbst Multimillionäre sich in Geduld üben müssen.

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