Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) steht wegen der Polizeireform in der Kritik Foto: dpa

Die SPD hat Innenminister Thomas Strobl (CDU) wegen der Verzögerung der grün-schwarzen Korrekturen an der Polizeireform kritisiert. Das Thema entwickle sich immer mehr zu einem Desaster, so SPD-Fraktionsvize Sascha Binder.

Stuttgart - Wegen der Verzögerungen der grün-schwarzen Korrekturen an der Polizeireform hat die oppositionelle SPD im Landtag Innenminister Thomas Strobl (CDU) scharf kritisiert.

Das Thema entwickle sich „immer mehr zu einem Desaster“, sagte SPD-Fraktionsvize Sascha Binder. Kaum habe Innenminister Strobl – nach dem Abgang seines Staatssekretärs Martin Jäger – die Polizeiarbeit zur Chefsache erklärt, gerate der von ihm gesetzte Zeitplan „mächtig in Verzug“. Ein Ministeriumssprecher wies die Vorwürfe zurück. Man arbeite objektiv, ideologiefrei und zielorientiert, deshalb nehme man sich Zeit für eine umfassende Ressortabstimmung.

Im Zuge der Polizeireform sollen Zuschnitte mehrerer regionaler Polizeipräsidien verändert werden. Das bisherige Präsidium in Tuttlingen wird aufgelöst, dafür entstehen zwei neue Präsidien: eines in Oberschwaben mit Sitz in Ravensburg und eines im Nordschwarzwald mit Sitz in Pforzheim. Anfang 2020 soll der Umbau abgeschlossen sein. Um die Pläne vorantreiben zu können, war eigentlich vorgesehen, dass das grün-schwarze Kabinett im April einen Gesetzentwurf mit dem künftigen Aufbau der Polizei und den Details zu Standorten, Unterbringung und Fragen der Finanzierung verabschiedet.

Abstimmung zwischen Innen- und Finanzministerium zieht sich

Die fachlich zuständige Arbeitsgruppe unter der Leitung des früheren Konstanzer Polizeipräsidenten Ekkehard Falk hat das Konzept zur Realisierung der Änderungen auch fertig erarbeitet. Wie unsere Zeitung unter Berufung auf ein polizeiinternes Schreiben aus der vergangenen Woche berichtete, zieht sich jetzt allerdings die Abstimmung zwischen den beteiligten Ministerien hin.

Landespolizeipräsident Gerhard Klotter teilte den Polizeichefs in dem Schreiben mit, für die ressortübergreifende Abstimmung sei „angesichts der Bedeutung des Projekts Polizeistruktur 2020 und der damit verbundenen Finanz- und Personalaufwände ein größeres Zeitfenster einzuplanen“. Das Innenministerium sei aber „bestrebt, die zeitliche Verzögerung so kurz wie möglich zu halten, um den Umsetzungszeitpunkt 1. Januar 2020 nicht zu gefährden“. Dem Vernehmen nach geht es in erster Linie um haushälterische Fragen.

Weder das Finanz- noch das Innenministerium wollten dazu Stellung nehmen und Einzelheiten nennen. Ein Sprecher des Innenministeriums sagte nur, man gehe davon aus, dass sich das Kabinett noch vor der Sommerpause mit dem Thema befassen könne. Damit sei der Beginn der Umsetzung Anfang 2020 „keinesfalls gefährdet“. Parallel zu den Abstimmungsprozessen bereite man bereits ein sogenanntes Interessenbekundungsverfahren vor. Durch dieses werde man Mitarbeiter, die von der Reform betroffen seien, in die Strukturänderungen bestmöglich einbinden.

Kusterer: Wichtig für die Polizei sei „eine schnelle Entscheidung“

Der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Ralf Kusterer, wollte auf Anfrage unserer Zeitung keine Stellung beziehen. Er kenne weder das Schreiben noch die Hintergründe, sagte er. Er habe davon aus den Stuttgarter Nachrichten erfahren. Wichtig für die Polizei sei aber ganz klar „eine schnelle Entscheidung“.

In der vergangenen Legislaturperiode hatte der damalige Innenminister Reinhold Gall (SPD) die Polizeistruktur in Baden-Württemberg grundlegend verändert. Er entschied, die vier Landespolizeidirektionen mit 37 Polizeipräsidien und -direktionen zu zwölf neuen regionalen Polizeipräsidien und drei Spezialpräsidien zu verschmelzen. Doch vor allem an den regionalen Zuschnitten gab es zuletzt Kritik. Nach einer Überprüfung der Gall’schen Reform und monatelangen Diskussionen um die richtigen Schlüsse nimmt Grün-Schwarz nun leichte Korrekturen vor.