Voith-Chef Hubert Lienhard spricht von Euphorie im Außenhandel. Foto: Voith

Hubert Lienhard, Voith-Chef und Vorsitzender des Asien-Pazifik-Ausschusses der deutschen Wirtschaft, dringt die deutsche Politik zur Eile. Große Kunden in China seien irritiert, dass es in Deutschland so lange dauert, bis eine neue Regierung steht.

Berlin - Die lange Regierungsbildung in Deutschland macht sich im Exportgeschäft bemerkbar. Hubert Lienhard, Chef des Heidenheimer Voith-Konzerns und Vorsitzender des Asien-Pazifik-Ausschusses der deutschen Wirtschaft (APA), berichtet, dass er von großen Kunden in Asien auf den politischen Stillstand in Berlin angesprochen wird. In der Hängepartie sieht Lienhard ein Imageproblem. Deutschland sei in der Welt für seine gute Organisation und Leistungsfähigkeit bekannt. In der langsamen Regierungsbildung sieht er einen Schaden, der immer größer werde, je länger sich die Koalitionsverhandlungen hinziehen.

Lienhard rief die Parteien auf, so schnell wie möglich eine Regierung zu bilden. Er hob hervor, dass sich die politische Handlungsunfähigkeit im Alltag von Industrieunternehmen noch nicht bemerkbar mache. Wichtige Kunden in China wunderten sich aber, weshalb Deutschland so lange braucht, bis die neue Regierung ihre Arbeit aufnimmt. In zentralistischen Staaten wie China sei es wichtig, dass Regierungen auf Augenhöhe verhandeln. Solange die Kanzlerfrage offen sei, werde es beispielsweise schwer, mit der chinesischen Regierung über die Umsetzung der Quote für Elektroautos zu sprechen. Die deutsche Wirtschaft habe davon profitiert, dass die Bundeskanzlerin Angela Merkel im Ausland ein hohes Ansehen genießt, sagte Lienhard.

Wichtige Kunden in China sind irritiert

Der APA-Vorsitzende rechnet in diesem Jahr mit einer hervorragenden Weltkonjunktur. Angesichts der guten Lage sprach er von einer „euphorischen Stimmung“. Für China, das der wichtigste Außenhandelspartner Deutschlands ist, erwartet der Manager für 2018 ein unverändertes Wachstum von sechs bis sieben Prozent. In China sind 6000 deutsche Unternehmen mit Niederlassungen tätig. Vor allem deutsche Tochterunternehmen im Riesenreich hätten im vergangenen Jahr stark zugelegt. Für lokale Tochterunternehmen sei es das beste Jahr seit langem gewesen.

Auf die Weltwirtschaft sieht Lienhard in den kommenden Monaten Belastungen zukommen. Der Voith-Chef rechnet damit, dass die Vereinigten Staaten ihren protektionistischen Kurs fortsetzen. „Wir müssen uns darauf einrichten, dass Präsident Trump die Ankündigungen aus dem Wahlkampf umsetzt“, sagte er. Dennoch sieht Lienhard die deutsche Wirtschaft gut positioniert. Selbst wenn es zu „punktuellen Blockaden“ durch Handelsbarrieren komme, erweise sich die globale Verankerung der deutschen Wirtschaft als Vorteil.

Trotz der handelspolitischen Querschüsse aus den USA rät Lienhard dazu, an den Regeln der Welthandelskonferenz WTO festzuhalten. Die APA-Mitglieder werben trotz des rauen Tons im Handel dafür, dass China und die EU sich weiterhin dem WTO-Regelwerk unterwerfen.

Deutsche Firmen investieren 100 Milliarden Euro in China

In der Diskussion um eine Einkaufswelle der Chinesen in Deutschland rät der Asien-Pazifik-Ausschuss dazu, die Dimensionen zu beachten. Die Direktinvestitionen deutscher Unternehmen in China betragen rund 60 Milliarden Euro. Hinzu kommen die Investitionen deutscher Tochterunternehmen in China. Insgesamt kommt der APA damit auf ein Gesamtvolumen von mehr als 100 Milliarden Euro. Deutsche Unternehmen investieren damit in Fernost deutlich mehr als umgekehrt.

Nach einer jüngst vorgestellten Studie der Beratungsgesellschaft EY gaben chinesische Unternehmen für die Übernahme deutscher Unternehmen im vergangenen Jahr rund elf Milliarden Euro aus – das ist ein Rekord. Chinas Direktinvestitionen steigen stark.