Der CSU-Politiker Manfred Weber tritt als Spitzenkandidat der europäischen Konservativen bei der Europawahl an – und will gerne Präsident der EU-Kommission werden. Foto: Getty Images Europe

Was wird das Jahr 2019 in der deutschen und internationalen Politik bringen? Brexit und Papst, Fahrverbote und Atomwaffen – das sind einige der Themen, die im kommenden Jahr wichtig werden.

Stuttgart - Der amerikanische Schriftsteller Mark Twain empfiehlt zwar: „Voraussagen soll man unbedingt vermeiden, besonders solche über die Zukunft.“ Aber ein kurzer Blick in die Glaskugel ist erlaubt.

Was wird das Jahr 2019 in der deutschen und internationalen Politik bringen?

Hier sind die sieben wichtigsten Themen, die im kommenden Jahr die Agenda bestimmen werden.

1. Der Bürger hat die Wahl

Der CSU-Politiker Manfred Weber (Foto) tritt bei der Europawahl am 26. Mai als Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei an. Diese EVP stellt aktuell die größte Fraktion im EU-Parlament, doch die Mehrheitsverhältnisse in Straßburg könnten sich mit der Wahl 2019 dramatisch verändern: Europaskeptische, populistische und rechtsradikale Politiker haben derzeit Konjunktur. Nach aktuellen Prognosen könnten sie bis zu 30 Prozent der Sitze erobern – im Extremfall sogar stärkste Kraft werden. Ein solches politisches Erdbeben würde auch zu starken Erschütterungen in Deutschland führen.

Die neue CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer muss beweisen, dass sie wirklich kann, was sie der christdemokratischen Basis versprochen hat: von den Grünen wie der AfD Stimmen zurückholen und Wahlen gewinnen. Das gilt nicht nur für die Europawahl, sondern auch für vier Landtagswahlen: im Mai in Bremen, im September in Brandenburg und Sachsen und im Oktober in Thüringen.

Wenn AKK dabei erfolgreich ist, könnte sie bereits im Jahr 2019 auf einem weiteren Posten die Nachfolge von Angela Merkel antreten – diesmal als Kanzlerin. Wenn sie allerdings bei den Wahlen schlecht abschneidet, könnte es zu einer Revolte in der CDU kommen. Selbst ein weiterer Comeback-Versuch von Friedrich Merz ist dann nicht auszuschließen, der im Rennen um den Parteivorsitz nur ganz knapp gegen Kramp-Karrenbauer verloren hat.

Zusätzliche Unruhe wird durch die Sozialdemokratie entstehen. Spätestens im Herbst legt sich die SPD die Frage vor, ob sie weiterhin mit der Union regieren will. Die Antwort ist offen. Wenn die SPD Nein sagt, könnte es zu einem fliegenden Wechsel der CDU in eine Jamaika-Koalition mit den Grünen und der FDP kommen – oder zu Neuwahlen.

2. Atomares Ringen

Was für ein Wandel! Jahrelang hat die Welt sofort auf Nordkorea geblickt, wenn die Rede auf Atomwaffen kam. Inzwischen signalisiert Machthaber Kim Jong Un Abrüstungsbereitschaft. Es könnte ein Stück weit weniger gefährlich werden – zumindest an dieser Front. Doch zu Beginn des neuen Jahres wird US-Präsident Donald Trump den INF-Vertrag mit Russland zur Kontrolle atomarer Mittelstreckenraketen aufkündigen, weil nach US-Darstellung Moskau dagegen verstößt. Das Problem verlagert sich damit nach Europa. Russland hat schon angekündigt, all die Länder ins Visier zu nehmen, die US-Raketen bei sich beherbergen. Und im fernen Korea überlegt man bereits, inwiefern es sich lohnt, Abmachungen mit den USA zur Rüstungskontrolle einzuhalten.

3. Gehen – oder nicht gehen? Das ist für die Briten die Frage

To go – or not to go? Diese Frage ist wenige Wochen vor dem offiziellen Brexit-Datum, dem 29. März 2019, 23.00 Uhr, nicht entschieden. Die Briten finden mit sich selbst bisher keine Lösung. Mitte Januar will Premierministerin Theresa May im Parlament über ihren Brexit-Deal abstimmen lassen, den sie mit dem großen Rest der Europäischen Union geschlossen hat. Bisher ist dafür allerdings keine Mehrheit in Sicht. Noch immer ist vieles möglich: ein Ja zu Mays Deal mit einem geordneten Brexit, ein harter Brexit mit katastrophalen Folgen, eine Verschiebung des Austrittsdatums und ein neues Referendum. Die Brexit-Frage wird Europa weiter in Atem halten – und ablenken von vielen anderen mindestens ebenso wichtigen Themen.

4. Das große Duell: USA gegen China

Man kann eigentlich nur hoffen, dass Barack Obama kein großer Prophet gewesen ist. Das Verhältnis zwischen den USA und China werde das 21. Jahrhundert prägen, hatte der ehemalige US-Präsident zu Beginn seiner ersten Amtszeit gesagt. Wenn dem so ist, sieht es nicht gut aus für die Zeit, in der wir leben. Der handelskriegende Nachfolger Obamas im Weißen Haus hat China zu seinem Lieblingsfeind erkoren. Auch wenn Donald Trump immer wieder Haken schlägt wie ein Hase auf der Flucht – an seiner Grundannahme wird er nichts ändern, und der zufolge ist China böse, der Feind.

Wenn sich die beiden größten Handelsnationen bekämpfen, dann bleibt das nicht ohne Auswirkungen auf den Rest der Welt. Dabei kann man nur hoffen, dass es bei den Auseinandersetzungen um Waren, Dienstleistungen und Steuern bleibt. Im Südchinesischen Meer, wo China Inseln ausbaut, deren Herrschaft strittig ist, kreuzt immer häufiger die US-Marine. Es gibt viele Anzeichen dafür, dass im Pazifik bereits ein Kalter Krieg zwischen China und Amerika begonnen hat. Und es ist nicht auszuschließen, dass Konfrontation dort irgendwann, wohl eher wegen eines unbeabsichtigten Zwischenfalls denn aus Vorsatz, in einen heißen Schlagabtausch umschlägt, mit unabsehbaren Folgen. Der Frieden im Pazifik ist nicht so stabil, wie man das in Europa gerne glaubt.

5. Letzte Chance für den Papst?

Wie geht die katholische Kirche mit den vielen Männern um, die in ihrem Dienst stehen und Kinder missbrauchen? Für Ende Februar lädt Papst Franziskus zu einem „Missbrauchsgipfel“ nach Rom ein, bei dem es um Aufarbeitung und Prävention gehen soll. Der Ausgang dieses Treffens wird als mitentscheidend für das Pontifikat des Argentiniers angesehen. Sollten wieder nur butterweiche Erklärungen zu diesem globalen Kirchen-Skandal herauskommen, wird das auf Franziskus selbst zurückfallen.

6. Friedenschancen in Syrien und im Jemen

In Syrien und noch mehr im Jemen leiden die Menschen seit Jahren unter dem Krieg. Die Chancen, dass das Kämpfen, Schießen und Töten ein Ende findet, waren nie so gut wie jetzt. 2019 könnte in beiden Ländern ein wenig Ruhe einkehren – echter Frieden ist allerdings fern, auch dann, wenn nicht mehr geschossen wird.

Und der Preis ist hoch. In Syrien hat das Assad-Regime mit russischer Unterstützung die Rebellen weitgehend marginalisiert. Der Diktator, der Fassbomben auf sein eigenes Volk werfen ließ und dessen Generäle nicht vor dem Einsatz von Giftgas zurückschreckten, wird aller Voraussicht nach weiter im Präsidentenpalast sitzen. Der Westen wird lernen müssen, damit umzugehen. Und die Aufständischen im Land, die keine Kraft und keine Struktur mehr haben um sich zu wehren, sind nur vorübergehend besiegt. Sie werden daran arbeiten, die Kräfte neu zu bündeln.

Brüchig wird auch jeder Waffenstillstand im Jemen werden. Ähnlich wie in Syrien ist der Konflikt ein Stellvertreterkrieg – und nicht alle Konfliktbeteiligten haben ein nachhaltiges Interesse am Frieden. Den Kindern im Jemen wäre jede Besserung zu wünschen. Fast 100 000 sind in den letzten Jahren verhungert.

7. Bessere Luft, besseres Klima

In mehreren deutschen Städten wird es im Jahr 2019 Fahrverbote geben. Ein Aufreger für viele Bürger. Sie erwarten von der Bundesregierung, dass diese endlich wirksame Maßnahmen zur Luftreinhaltung ergreift und härter mit der Autoindustrie umgeht. Berlin hat überhaupt viel zu tun in Sachen Klimaschutz: Die Energiewende muss beschleunigt und der Kohleausstieg geregelt werden. Spätestens im Februar präsentiert die Kohlekommission ihre Vorschläge. Dann soll geklärt werden, wann die Kohleverstromung im Land endet.