Das Stuttgarter Landgericht muss sich weiterhin mit der Auseinandersetzung befassen. Foto: dpa

Zwei Männer, die in ihrer Freizeit in Online-Netzwerken Politik kommentieren, streiten vor Gericht – einmal wieder. Auf einen grünen Zweig kommen sie nicht.

Kreis Ludwigsburg - Beide tun ihre jeweiligen politischen Ansichten mitunter im Stundentakt auf Twitter, in Blogs oder bei Facebook kund. Und beide sind einander spinnefeind, obgleich sie sich persönlich kaum, ihre teils konträren Meinungen über entsprechende Online-Foren aber mittlerweile gut kennen. Ein Unternehmensberater aus dem Strohgäu und ein Rentner aus dem Norden des Landkreises trafen jetzt vor dem Stuttgarter Landgericht aufeinander. Nicht zum ersten Mal.

Der Rentner hatte den Berater bezichtigt, sich nicht an die Vereinbarungen aus einem 2014 vor dem Landgericht geschlossenen Vergleich gehalten zu haben. Dieser verpflichtete beide, sich künftig gegenüber Dritten in keiner Form über den Prozessgegner zu äußern oder Äußerungen durch Dritte verbreiten zu lassen. Zudem sollten Aussagen über den jeweils anderen aus Blogs und Netz-Einträgen gelöscht werden. Wer zuwider handle, so der Vergleich, müsse dem anderen 7500 Euro zahlen.

Genau das will nun der Rentner erreichen. Der Berater habe ihn 2016 einem Mann gegenüber als „Nazi und Antisemit“ bezeichnet, sagt er. Zudem habe der Berater den Vergleich von damals auf seinem Blog veröffentlicht und kommentiert. Die Veröffentlichung, sagte Oliver Schlotz-Pissarek, der Vorsitzender Richter der 11. Zivilkammer, sei kein Verstoß. Denn der Vergleich habe auch beinhaltet, dass beide Parteien Dritte über den Inhalt informieren dürften. „Die Kommentierung dazu lässt zwar nicht auf freundliche Zugewandtheit schließen.“ Doch schreibe der Beklagte aus seiner Perspektive, nicht über den Kläger.

Ein weiterer Vergleich wird abgelehnt

Er wundere sich etwas über den Vorstoß des Rentners, sagte der Richter. „Es gibt ja diverse Ordnungsmittelverfahren, aber die sind mir nur gegen den Kläger bekannt, nicht gegen den Beklagten.“ Statt den Zeugen zu laden, dem gegenüber die angeprangerte Äußerung gefallen sein soll, wollte das Gericht eine befriedende Lösung suchen. „Es bringt nichts, sich ständig vor Gericht weiter zu streiten“, mahnte Schlotz-Pissarek. „Der Vergleich von 2014 war so umfassend, umfassender kriegen wir’s auch nicht hin.“ Der Anwalt des Klägers fasste es in die kernigen Worte: „Es bringt nur was, wenn jeder endlich die Klappe über den anderen hält.“ Der Anwalt des Beklagten entgegnete, wer seine Klappe leider nicht halte, das sei der Kläger.

Der sieht das anders: „Er betreibt seinen Blog fast ausschließlich, um mich und einige andere zu desavouieren und zu verleumden“, behauptete er über den Berater. Er selbst hält sich beim Bloßstellen in Online-Auftritten indes nicht zurück: Emmanuel Macron etwa bezeichnet er als „verkommenen Rothschild-Knecht“, Journalisten als „Mediennutten und -stricher“.

Der Unternehmensberater konterte, der Rentner habe, im Gegensatz zu ihm selbst, sogar schon mehrfach gegen den Vergleich verstoßen, sei aber bankrott und könne die Strafen nicht zahlen. „Und man muss ja nur dem Gerichtsvollzieher klarmachen, dass man herzkrank sei, dann muss man nicht mal seine Ordnungshaft antreten.“ Der Beklagte will keinen weiteren Vergleich. „Ich möchte ein Urteil, Punkt, aus“, sagte er. Es soll nun einen weiteren Verhandlungstermin geben.