Andreas Stier, Stefan Flaig, Michael Makurath, Thomas Kiwitt und Steffen Bilger (von links) diskutierten unter der Leitung von Rafael Binkowski (Vierter von rechts). Auch der Vorsitzende der Heimerdinger Bürgerinitiative, Bernd Hoffmann, ergriff das Wort. Foto: factum/Weise

Bus, Bahn, Rad oder Straße? Um dem Verkehrschaos in Stadt und Region zu begegnen, setzen die Teilnehmer einer Podiumsdiskussion von Strohgäu Extra auf unterschiedliche Konzepte. Am Ende eint fast alle eine Erkenntnis.

Ditzingen - Irgendwann in der Mitte der zweistündigen Diskussion von Strohgäu Extra brachte Thomas Kiwitt das Problem auf den Punkt: „Die Gesellschaft muss sich zusammenraufen. Wir müssen entscheiden, wo wir hinwollen“, sagte der Planungschef des Verbands Region Stuttgart.

Die rund 170 Besucher im Ditzinger Bürgersaal mussten feststellen, dass es keine schnelle Lösung für die Verkehrsprobleme in der Stadt geben wird: Weder für den Teilort Heimerdingen, durch den sich der überörtliche Verkehr besonders dann quält, wenn Stau ist am Autobahndreieck Leonberg, noch für die überlastete Siemensstraße oder die Marktstraße. Aber würde ein zweiter Autobahnanschluss wirklich die Lösung sein? Die Ditzinger Straßen standen am Mittwochabend beispielhaft für das Verkehrsnetz der Region. Und die von Kiwitt aufgeworfene Frage blieb am Ende unbeantwortet.

Bürgerinitiative pocht auf eine schnelle Lösung

Allerdings machten der Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Steffen Bilger (CDU), der Ditzinger Oberbürgermeister Michael Makurath, der Kreisvorsitzende des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Stefan Flaig, sowie der Kreisvorsitzende des Verkehrsclubs Deutschland (VCD), Andreas Stier, und eben Thomas Kiwitt ihre unterschiedlichen Positionen auf dem Podium deutlich. Kiwitt stellte die Rahmenbedingungen in einer boomenden Region dar: Auf zehn Prozent der Landesfläche lebe ein Viertel der Gesamtbevölkerung. Zudem trage die Region zu einem Drittel zur gesamten Wirtschaftskraft des Landes bei. Nur über regionale Lösungen werde es gelingen, Pflichten, Lasten und Wohlstand zu verteilen. Kompromisse seien zwingend: „Einfache Lösungen wird es nicht geben.“

Das zeigte sich auch in der lebhaften Debatte mit dem Publikum, das immer wieder auf die Probleme vor der eigenen Haustür zu sprechen kam. Während die Vertreter der Bürgerinitiative Südumfahrung Heimerdingen eindringlich ein schnelles Ende des Dauerstaus in Heimerdingen forderten, hob Bilger auf gesamtgesellschaftliche Überlegungen ab. Der Moderator Rafael Binkowski, stellvertretender Redaktionsleiter der Ludwigsburger Redaktion, musste die beiden Diskussionsebenen immer wieder zusammenführen.

Bilger setzte klare Prioritäten: „Wichtig ist, dass die Arbeitsplätze bei uns erhalten bleiben.“ Arbeitsplätze zu generieren bedeute aber immer auch höheren Flächenverbrauch und größere Verkehrsbelastung. Beifall erhielt er für die Bemerkung, der Ausbau einer Straße sei – ebenso wie jener der S-Bahn – Teil einer Lösung, aber nicht die einzige. Dem widersprach Stefan Flaig. „Der Straßenbau löst keine Probleme.“ Im Gegenteil: „Straßen induzieren den Verkehr.“ Um der Situation etwa in Heimerdingen Herr zu werden, setzte er auf Durchfahrverbote für Lastwagen und den Rückbau von Straßen. Dem folgte der Ditzinger Verwaltungschef Michael Makurath nicht. Der SPD-Regionalrat setzt stattdessen auf „realisierbare Lösungen“. Dazu gehöre auch, den öffentlichen Personennahverkehr zu stärken.

Ditzinger Unmut über das Verhalten des Landes

Andreas Stier bekräftigte den Oberbürgermeister darin, merkte aber auch kritisch an, dass die Radrouten in der Stadt „kaum erkennbar“ seien. Er nahm aber nicht nur die Kommune, sondern auch die örtlichen Unternehmen in die Pflicht. Er forderte mehr betriebliche Mobilitätskonzepte ein. Trumpfs Angebot etwa an Mitarbeiter, Fahrräder zu leasen, sei „ein guter Anfang“.

Makurath machte vor allem seinem Unmut Luft über das Verhalten des Landes. Es wolle die Stadt den Ausbau der Siemensstraße bezahlen lassen. Diese sei zwar eine Gemeindestraße, sie habe aber faktisch die Bedeutung einer Bundesstraße. Damit obliege die finanzielle Verantwortung dem Bund. Deutlicher wurde er in Bezug auf einen zweiten Autobahnanschluss.

Laut dem Land müssen sich Gerlingen und Ditzingen einigen, ehe es die Pläne an den Bund als Bauherrn weiterleitet. „Destruktives Verhalten wird befördert“, klagte er. Die Gerlinger lehnten Gespräche über den Autobahnanschluss ab. Auch die Einladung unserer Zeitung zur Teilnahme an der Diskussion haben sowohl die Verwaltung als auch Vertreter des Gerlinger Gemeinderats nicht angenommen.