Zwei Wochen hat die Initiative Stadtlücken den Österreichischen Platz gesucht. Ideen für den Ort hat das Team um Sascha Bauer am Montag im Rathaus präsentiert. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko, Nina Ayerle, privat

Nach zwei Wochen geht die Aktion „Wo ist eigentlich der Österreichische Platz“ mit einer Finissage zu Ende.

S-Süd - Der Skatepark ist der Spitzenreiter. 2388 Stimmen hat er bekommen. Im Vergleich: Für ein Kräuter- und Gemüsegärtchen haben 1261 Bürger abgestimmt, für eine Fläche für Musik, Kunst, Kultur und Kreatives nur 554. Das ergab eine Onlineabstimmung der Initiative „Stadtlücken“ für den Platz unter der Paulinenbrücke. Zwei Wochen lang hat die Initiative den Ort bespielt. Der Anlass verbirgt sich hinter dem Titel des Projektes: „Wo ist eigentlich der Österreichische Platz?“

Aus stadtplanerischer Sicht stellt man sich ja unter einem Ort, der mit dem Wörtchen „Platz“ gekennzeichnet ist, eine freie Fläche vor, auf der sich Leben abspielt, Menschen sich aufhalten können. Berühmte Plätze gelten häufig als die gute Stube jeder Stadt, sie sind ein Symbol, ein Touristenmagnet. In Stuttgart hat man sich an dieses stadtplanerische Credo nicht so gerne gehalten. Der Österreichische Platz ist ebenso wie der Charlottenplatz als Verkehrsknoten bekannt. Nur Hartgesottene kommen auf die Idee, diese Unorte als Aufenthaltsfläche zu nutzen. Doch es hat funktioniert.

Am Montag hat das Kollektiv Stadtlücken die Ergebnisse ihrer zweiwöchigen Aktion im Stuttgarter Rathaus vorgestellt. Dort haben die Stuttgarter Architekten, Stadtplaner und Künstler Tafeln mit Kommentaren und Hinweisen ausgestellt. „Was ist die Paulinenbrücke für Sie?“ oder auch „Was macht den Österreichischen Platz aus?“. 14 Tage – 14 Fragen. Passanten haben ihre Kommentare auf die Tafeln geschrieben. Unter letzterer Frage stand: „Das ist ne gute Frage.“

Der Österreichische Platz ist das Dauersorgen-Kind

Das Projekt von Stadtlücken sollte die Stuttgarter dazu anregen, Ideen für den Ort zu spinnen anstatt ihn weiter als Parkplatz verkümmern zu lassen. Stadtrat Udo Lutz kann sich etwas „Verrücktes“ vorstellen, etwas nicht so „Geschlecktes“, wo Künstler und Kreative sich austoben dürfen.

Auch der Bezirksbeirat Süd doktere seit Jahren am Österreichischen Platz rum, wie Bezirksvorsteher Raiko Grieb sagt. Umso mehr enttäusche es ihn, dass niemand vom Stadtplanungsamt zur Finissage gekommen sei und sich die Ideen angeschaut hätte. Er selbst findet es beeindruckend, was die Initiative in zweiwöchiger, ehrenamtlicher Arbeit auf die Beine gestellt hat: ein Souvenirkiosk mit Andenken vom Österreichischen Platz, Spontankonzerte, Lichtinstallationen sowie Tee- und Plätzchenverkäufe haben sie ermöglicht. Gemacht hat die Gruppe um Sebastian Klawiter, Hanna Noller und Sascha Bauer nämlich die Aktionen nicht allein. Jeder, der wollte konnte sich spontan beteiligen. „Es gab sehr viel Echo“, sagt Grieb. „Die haben also sehr viel richtig gemacht.“ Der Bezirksvorsteher hofft nun für den Stuttgarter Süden, dass sich auch bei den Haushaltsberatungen etwas tut.

Der Platz unter der Paulinenbrücke galt lange als Stuttgarts härtester sozialer Brennpunkt, an dem die Obdachlosen- und Drogenszene zu Hause war, sonst aber niemand. Mit der Eröffnung von Gerber und Caleido sowie dem Abriss der Tankstelle dort hat sich die Situation entspannt. Zwischen schicken Restaurants und Einkaufsparadies hat es kaum Platz für die Szene. Nur die Hartnäckigen sind geblieben. „Für uns gehören die dazu“, sagt Sascha Bauer. Bei dem Projekt hätten sie sich wie selbstverständlich eingebracht. „Die haben sogar nachts unseren Souvenirkiosk bewacht“, sagt er. Deshalb hat ihm genau ein Statement am besten gefallen. Dort stand: „Ein Platz, wo jeder sein kann, wie er möchte. Solche Plätze braucht es mehr.“

Das Grenzgebiet zwischen Mitte und Süden ist ein unschöner Ort

Laut Hanna Noller reflektiere man nun die zwei Wochen und überlege, wie es weitergehe. Aus ihrer Sicht ist es eigentlich einfach: „Wir haben die Fläche geboten. Der Rest ist von alleine passiert“, sagt sie. „Es gab so viele junge Menschen, die etwas gemacht haben. Das bestärkt mich in meinem Tun“, ergänzt die Architektin. Sie hat mit Sebastian Klawiter im Rahmen der Masterarbeit der beiden an der Kunstakademie die Initiative gegründet. Die sucht nun seit einem Jahr soziale und räumliche Lücken in Stuttgart, um sie zu schließen.

Raiko Grieb hätte die Lücke unter der Brücke gerne geschlossen: „Bisher ist es wie am Checkpoint Charlie in Berlin.“ Und um im Bild zu bleiben: Verlässt man den Mitte-Sektor an der Paulinenbrücke wird es erst einmal kurz hässlich. Mit dem Shared Space und der Umgestaltung des Rupert-Mayer-Platzes um die Marienkirche ist aber laut Grieb schon einiges in Gang. Derzeit schließt die Stadt für rund 450 000 Euro dort den zweiten Bauabschnitt ab. Die Feinstraße wird geschlossen und zum Platz gemacht, zu einem richtigen Platz: „Er ist dann für Fußgänger nutzbar und keine Straße mehr“, sagt Nicolaus Welker vom Tiefbauamt. Auch einige Baumbeete werden gepflanzt.