Abgebrannte Gartenhütte beim ausländerfeindlichen Brandanschlag in Winterbach. Foto: dpa

Die Verteidiger im Prozess um den Brandanschlag am Engelberg spielen die Tat herunter und werfen der Kammer vor, tendenziös zu sein.

Winterbach - Die Verteidiger haben am 39. Verhandlungstag im Winterbach-Prozess ihre Plädoyers fortgesetzt. Elf Männer stehen vor dem Stuttgarter Landgericht, weil sie beim Überfall auf Männer mit ausländischen Wurzeln am 10. April 2012 auf dem Engelberg beteiligt gewesen sein sollen. Des weiteren ist eine Frau angeklagt, die einen der Täter gedeckt haben soll. Um die 70 Rechtsextremisten hatten im Freien auf dem Engelberg gefeiert und die Gruppe, die im Nachbargarten grillte, angegriffen, verprügelt und gejagt. Fünf der Opfer flüchteten in eine Gartenhütte, die ihre Angreifer daraufhin in Brand setzten. Der Staatsanwalt hatte für die Angreifer und deren Anstifter am Dienstag Haftstrafen von einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung bis zu zwei Jahren und neun Monaten Haft gefordert.

Verteidiger Steffen Hammer kommt aus der Szene

Ein Teil der Verteidiger beschränkte sich darauf, seine Mandanten aus der Schusslinie zu nehmen. Ihre Plädoyers zielten im wesentlichen darauf ab, Zeugen in Zweifel zu ziehen, die ihre Mandanten im Pulk der Angreifer gesehen haben wollen. Der bislang kleinere Teil der Anwälte holte weiter aus, kritisierte die Ermittlungen, die Verhandlungsführung sowie den Staatsanwalt und gelangte zu dem Fazit, dass der Prozess kein fairer gewesen sei. So wurde beispielsweise moniert, dass die weiblichen Gäste der Party nie als Beschuldigte, sondern lediglich als Zeuginnen behandelt wurden. Dabei hatte eines der Opfer unter den Angreifern eine Frauenstimme herausgehört.

Zum Rundumschlag holte Verteidiger Steffen Hammer aus. Der Szene-Anwalt war Sänger der Rechtsrockgruppe „Noie Werte“. Mit deren Hetzmusik hatte das NSU-Mördertrio Bekennervideos unterlegt. Seiner Ansicht nach ist die Brandursache „noch immer völlig ungeklärt“. Es sei nicht zwingend von einer Brandstiftung auszugehen. Möglicherweise sei einfach der Kleingrill neben der Hütte umgekippt. Auch sei der Übergriff nicht aus dem Nichts erfolgt, ihm sei eine Provokation seitens der Opfer, die von den Verteidigern nahezu durchweg nur als „Geschädigte“ tituliert werden, vorausgegangen. Einer der Rechten soll zuvor einen Schlag aufs Auge bekommen haben, und später sollen die Opfer gegen die Autos der Rechten getreten haben. „Der Grund für die Eskalation war nicht die rechte Gesinnung“, resümierte Hammer, den Anlass hätten vielmehr die „Geschädigten“ selbst geliefert.

„Man wollte um jeden Preis Namen hören“

Ins selbe Horn stieß sein Kollege Michael Rehberger, die Partygäste hätten sich um ihre Fahrzeuge gesorgt, deshalb seien sie losgezogen: „Das Auto ist für viele junge Männer das Wichtigste. Dass die Männer glatzköpfig waren und Springerstiefel trugen, ändert daran nichts.“ So sah das auch Rechtsanwalt Reinhard Engel, der meinte „es muss nicht immer alles auf die rechte Schiene gehoben werden“. Das Ziel dieser Argumentation: Der Vorwurf eines gemeinschaftlichen Tatentschlusses soll entkräftet werden.

Schwere Geschütze fuhr Rechtsanwalt Rehberger gegen die Kammer auf. Nach den Fehlern im NSU-Fall wolle man offenbar „hier jetzt zeigen, wie man mit Rechten umgeht“, ihm scheine, als „wolle man etwas gut machen.“ Der Staatsanwalt habe „feste Vorgaben“ gehabt, „von denen er nicht abweichen konnte“. Beweisanträge der Verteidiger seien abgeschmettert, gefällige Geständnisse mit Strafrabatt erkauft und Zeugen so lange eingeschüchtert worden, bis sich ihre Aussage ins gewünschte Bild gefügt hätten. „Man wollte um jeden Preis Namen hören“, so Rehberger, dabei sei es der gar nicht mehr darum gegangen, „ob man die Richtigen hat“. Die Verhandlung wird am 16. April fortgesetzt.