Der Oscar links ist eine Nachbildung, die Trophäe rechts stammt von der Visual Effects Society. Foto: Benjamin Schieler

Bei Kennern der Branche ist Pixomondo mit seinen visuellen Effekten bereits bekannt und geschätzt. Seit dem Oscar für den Film „Hugo Cabret“ vor einem Jahr purzeln die Aufträge nur so herein. Nun zieht die Firma um, weil sie weitere Mitarbeiter einstellt.

S-Ost - Es muss Momente geben, da werden aus erwachsenen Menschen mit einem Arbeitsplatz in der Ostend-straße kleine Kinder. Immer dann etwa, wenn aus allseits bekannten Traumfabriken neue Aufträge für Explosionen, Drachen oder mittelalterliche Burgen kommen. Mitten im Stuttgarter Osten, im Kübler-Areal, hat die hiesige Dependance von Pixomondo ihren Sitz. In diesen Tagen verdoppelt sich die Fläche, auf der die Spezialisten für visuelle Effekte arbeiten. Pixomondo bezieht neue Räume.

Vorausgegangen waren zähe Verhandlungen in Fragen des Bau- und Nutzungsrechts. Drei Jahre lang stand die unterste Etage des Gebäudes nach dem Auszug eines Möbelhändlers leer, weil das Baurechtsamt der Stadt Bedenken wegen des Trittschallschutzes gehabt hatte und eine Änderung des Nutzungsrechts verweigerte. In dem von Pixomondo angemieteten Stockwerk darüber liegt das Originalparkett der einstigen Strickwarenfabrik. Selbst als sich Interessent und Inhaber im vergangenen Jahr über eine Anmietung der gesamten Fläche einig wurden, womit eine eventuelle Lärmbelästigung zu einem firmeninternen Problem wurde, verzögerte sich die Freigabe noch um mehrere Monate. Die Wirtschaftsförderin der Stadt, Ines Aufrecht, schaltete sich ein, im Oktober gab das Baurechtsamt grünes Licht. Nun sind die Umbaumaßnahmen weitgehend abgeschlossen.

In Stuttgart steigt die Zahl der Mitarbeiter auf rund 80

Bei Pixomondo hat man das Tauziehen mit einer Mischung aus Gelassenheit und Anspannung verfolgt. „Behördenmühlen mahlen nun mal etwas langsamer. Für unseren Vermieter war die Verzögerung wegen der ausgefallenen Einnahmen deutlich schmerzhafter als für uns“, sagt der Pixomondo-Geschäftsführer Christian Vogt. Andererseits ist die räumliche Erweiterung überfällig, die bisherigen Verhältnisse waren bereits beengt, der Verbleib im Kübler-Areal, wo man sich sehr wohl fühle, die Wunschlösung. „Ein Umzug zum Beispiel in die Stadtmitte wäre für uns kein Gewinn“, sagt Christoph Malessa, bei Pixomondo in Stuttgart für Produktionsabläufe zuständig. Vogt fügt hinzu: „Von allen unseren Standorten weltweit hat dieser hier das beste Kosten-Nutzen-Faktor.“

Rund 800 Menschen sind zurzeit rund um den Globus beim Unternehmen angestellt, das 2001 in Pfungstadt bei Darmstadt gegründet wurde – so viele wie nie zuvor. Die Zahl schwankt, da vor allem in den USA projektbezogene Zeitverträge der Standard sind. In Stuttgart wird sich der Stab an festen Mitarbeitern von bislang 55 auf rund 80 erhöhen. Die Auftragslage verlangt nach zusätzlichen Arbeitskräften.

Dies ist eine direkte Folge der Film- und Fernsehpreise, durch die Pixomondo zuletzt die Aufmerksamkeit auf sich zog. Ziemlich genau vor einem Jahr erhielt man für die Arbeiten an Martin Scorseses Film „Hugo Cabret“ den Oscar, bei der Emmy-Verleihung folgte eine Auszeichnung für die Serie „Games of Thrones“, deren Effekte zum großen Teil in Stuttgart entstanden.

Es müssen nicht nur Explosionen und Drachen sein

Als noch höhere Wertschätzung versteht Vogt die Preise, die Pixomondo bei den VES-Awards der Visual Effects Society einheimste, einer globalen Vereinigung von Filmschaffenden dieses Spezialgebiets. Eine Fachjury bescherte den Trickspezialisten für „Games of Thrones“, „Terra Nova“ und „Hugo Cabret“ fünf Trophäen, deren Vorderseite just einer Filmszene von Georges Méliès nachempfunden ist, dem französischen Pionier des Kinos und geheimen Helden von Scorseses „Hugo Cabret“.

Die größten Wellen aber hat erwartungsgemäß der Oscar geschlagen. „Für uns war das gleichermaßen ein Fluch und ein Segen“, sagt Christian Vogt. Ein Segen, weil der Goldjunge das Unternehmen bekannt gemacht hat. Tauchte der Name Pixomondo im November 2011 noch in monatlich rund 30 Zeitungs- und Zeitschriftenberichten auf, waren es einige Monate später fast 1400. „Der Schub hilft natürlich unheimlich bei der Arbeit.“ Es sei seither viel einfacher, das Vertrauen von Auftraggebern zu gewinnen und sie von der nötigen Produktionssicherheit zu überzeugen.

Kleinere Kunden aber hätten mitsamt den Glückwunschtelegrammen eine bange Frage geschickt: „Seid ihr jetzt nur noch für Hollywood da?“ Die Hemmschwelle für potenzielle Auftraggeber sei größer. „Dabei machen wir nach wie vor Werbeclips mit fünf Einstellungen“, sagt Vogt. Es müssten ja auch nicht immer nur Explosionen, Drachen und mittelalterliche Burgen sein.