Paralympics-Star Oscar Pistorius drohen mindestens 15 Jahre Haft. Foto: AFP

Ein Gericht in Südafrika verhandelt erneut über das Strafmaß im Fall Oscar Pistorius. Am zweiten Prozesstag bewegt besonders die Aussage des Vaters der getöteten Reeva Steenkamp. Unter Tränen erzählt er, wie er unter dem Tod seiner Tochter leidet.

Pretoria - Während einer emotionalen Aussage vor Gericht hat der Vater der von Oscar Pistorius erschossenen Reeva Steenkamp über den Verlust seiner Tochter gesprochen. Barry Steenkamp weinte am Dienstag bei der erneuten Verhandlung über das Strafmaß für den einstigen südafrikanischen Profisportler Pistorius. Der 73-jährige Steenkamp zitterte während seiner Aussage in Pretoria, und ihm versagte immer wieder die Stimme.

Weitere Zeugenaussagen ergaben am zweiten Tag der Verhandlung ein widersprüchliches Bild des früheren Paralympics-Stars, der unterhalb der Knie amputiert ist. Pistorius hatte am Valentinstag 2013 seine damalige Freundin Reeva Steenkamp erschossen. Er war in erster Instanz wegen fahrlässiger Tötung zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Davon leistete er ein Jahr ab, bevor die Strafe in Hausarrest umgewandelt wurde.

„So viele Schmerzen“

Die Staatsanwaltschaft legte Berufung ein und erzielte Ende 2015 in zweiter Instanz eine Verurteilung wegen „Mordes“, was im deutschen Rechtssystem dem Totschlag entspricht. Pistorius drohen nun mindestens 15 Jahre Haft. Ein Gericht in Pretoria hatte am Montag mit einer Anhörung zur Festlegung des neues Strafmaßes begonnen.

Barry Steenkamp habe sich nach dem Tod seiner Tochter mit Insulinspritzen Wunden zugefügt, erklärte er. „Ich habe Diabetesnadeln in meine Arme und meinen Bauch gestochen, um den gleichen Schmerz wie Reeva zu fühlen.“ Als er vom Tod seiner Tochter erfahren habe, sei er in Panik ausgebrochen. „Was sie in diesen letzten Sekunden durchlebt haben muss, in diesen wenigen Sekunden - sie muss so viele Schmerzen und Angst gehabt haben.“

Pistorius hört regungslos zu

Steenkamp leidet seitdem unter Schlaflosigkeit und hat schwere gesundheitliche Probleme. An Weihnachten stelle die Familie immer noch einen Stuhl für Reeva auf, und auch ihr Geburtstag werde weiterhin gefeiert, erzählte Steenkamp. „Oscar muss bezahlen für das, was er getan hat.“

Eine Gefängnis-Krankenschwester berichtete im Zeugenstand von mehreren Streitigkeiten, die sie mit Pistorius während seiner Zeit im Gefängnis hatte. „Er ist eine gewalttätige Person“, sagte Charlotte Mashabane. Pistorius sei laut geworden, habe auf den Tisch gehauen und vor Wut gezittert. Ein von der Verteidigung bestellter Pastor bezeichnete Pistorius hingegen als „gebrochenen Mann“, der Trauer empfinde.

Pistorius hörte den Aussagen der Zeugen regungslos zu. Bekleidet mit einem schwarzen Anzug saß er ruhig auf der Bank im Gerichtssaal und schaute oft auf den Fußboden. Am Montag hatte ein von der Verteidigung bestellte Gutachter erklärt, Pistorius leide an Depressionen und könne daher nicht aussagen. Die Verhandlung um das Strafmaß soll spätestens an diesem Freitag abgeschlossen werden.