Auch im Frischeparadies ist das Pilzangebot derzeit gut. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Sie heißen Herbsttrompeten, Hexenröhrlinge oder Knoblauchschwindlinge und haben Saison. Laien sollten sich aber gut beraten lassen, welche Pilze in die Pfanne kommen.

Stuttgart - Eine Menschentraube verdeckt den Blick auf den Ceresbrunnen in der Stuttgarter Markthalle. Die Besucher stehen im Halbkreis vor dem Tisch von Petra Bahnmüller und Volker Draxler – die beiden sind Pilzsachverständige der Pilzfreunde Stuttgart und eine Art Mittler zwischen Mensch und Pilz. Eine ältere Dame hat in ihrem Garten einige dieser Hutträger gefunden und stellt die Frage aller Fragen: „Kann man die essen?“ Der Spargelpilz in ihrer Tüte ist eigentlich ein Speisepilz, aber weil er schon eine rosa bis schwarze Färbung angenommen hat, ist er ungenießbar bis giftig. „Er muss schneeweiß sein, damit er schmeckt“, sagt Draxler.

Pech hat auch ein Mann, der auf einen Parasolpilz gehofft hatte, der sich dann aber als giftiger Giftriesenschirmling entpuppt. Oft entscheiden nur eine Farbnuance oder Merkmale am Stiel über Gaumenkitzel oder Brechdurchfall. „Deshalb ist es wichtig, dass die Menschen immer den ganzen Pilz mitbringen“, sagt Bahnmüller, die mit Draxler bis zum 6. November (nicht am 9. Oktober) montags zwischen 16.30 und 18 Uhr in der Markthalle berät.

Von süß bis scharf, von mild bis würzig

Speisepilze haben einen ergiebigen Fruchtkörper, der bis unter den Hut mit Nährstoffen und Vitaminen vollgepackt ist. Das Spektrum reicht von süß bis scharf und von mild bis würzig. Manche erinnern sogar an andere Lebensmittel. Der Parasol schmeckt nach Kalbfleisch mit zitroniger Note, man kann ihn panieren und anbraten wie ein Schnitzel. Der kleine Knoblauchschwindling schmeckt fast so intensiv wie eine Zwiebel und der Mandelpilz nach Mandeln. Den hatte vergangene Woche auch Heribert Ragossnig an seinem Stand in der Markthalle im Angebot. Jetzt gibt es Maronen, Pfifferlinge und Steinpilze.

Was der Spargel im Mai ist, sind die Pilze im Oktober. Zur Pilzzeit hat auch das Frischeparadies in Wangen sein Sortiment mit den ganzjährigen Champignons und Austernpilzen erweitert. Dazu zählen Semmelstoppelpilze, Bio-Kräuterseitlinge und Kaiserlinge. Letztere leuchten in einem kräftigen Orange und sollen schon bei Kaiser Tiberius auf der Speisekarte gestanden haben. Ihr nussiger Geschmack macht auch dem Steinpilz Konkurrenz, der als König unter den Pilzen gilt. In unseren Gefilden ist der Kaiserling vom Aussterben bedroht, aber in Osteuropa und Frankreich wird man noch fündig.

Das Eiweiß der Pilze ist schwer verdaulich

Tobias Räth vom Restaurant Schellenturm setzt im Herbst auf Pfifferlinge aus Bayern, die er in einer Rahmsuppe mit Speckchip, an bunten Blattsalaten oder im Kräuterflädle serviert. Und der Pilz findet auch Eingang in die Schellenturmpilzpfanne. „Wichtig ist, dass man Pilze nicht mit Wasser sauber macht, da verlieren sie ihr Aroma“, sagt Räth, der in seiner minimalistischen Küche mit Küchenkrepp und einem Pinsel ans Werk geht. Das kann mühsam sein, denn in Hochphasen müssen in drei Tagen bis zu zehn Kilo gesäubert werden. Im November steht dann der Kräuterseitling auf der Karte. Für alle Waldpilze gilt, dass sie mindestens eine Viertelstunde lang köcheln müssen und bei guter Kühlung auch noch einmal aufgewärmt werden können. „Und man sollte kleine Portionen essen, weil ihr Eiweiß schwer verdaulich ist“, sagt Petra Bahnmüller.

Es ist ein guter Sommer gewesen für Pilzsammler. Wer sich in der Region auf die Schatzsuche der besonderen Art macht, kann im Schönbuch südlich von Stuttgart, rund um die Bärenseen oder beim Haus des Waldes auf der Waldau fündig werden. Dort ist es nicht weit in die Nadelwälder, in denen man auf Rotfußröhrlinge oder Trompetenpfifferlinge stößt. Der Reiz des Suchens ist aber nicht das Finden, sondern das Suchen selber. Es ist nicht unbedingt ein Fest für die Sinne, aber der Pfifferling riecht süßlich, die Steinpilze verströmen einen erdigen Geruch. Doch die Natur ist kein Supermarkt – mehr als ein Kilo sollte man nicht mitnehmen. Und von Trüffeln sollte man ganz die Finger lassen – die stehen auf der roten Liste und damit unter Artenschutz.

Zehn Sorten können tödlich sein

Manche Namen klingen wie aus dem Märchenbuch: Herbsttrompeten, Grüngefelderte Täublinge, Hexenröhrlinge, Edelreizker oder Knoblauchschwindlinge. Zehn Sorten können tödlich sein. Die Berührung mit einem giftigen Pilz ist allerdings nicht gefährlich – nur der Verzehr. Deshalb muss man beim Sammeln auch keine Handschuhe tragen.

Wer sich nicht wirklich auskennt, sollte zur Pilzberatung gehen. „Warnen wollen wir auch vor sogenannten Pilz-Apps, die sind viel zu ungenau“, sagt Volker Draxler. Er selbst weiß um seine Verantwortung und muss bei der Deutschen Gesellschaft für Mykologie (DGfM) alle fünf Jahre eine neue Prüfung machen. Wer sich noch mehr einlassen will auf die spannende Welt der Pilze, kann an diesem Samstag und Sonntag im Haus des Waldes die Pilzausstellung besuchen, Pilzsuppe inklusive.