Jolanta Garbowska hat im August dieses Jahres ihr Ladengeschäft eröffnet. Vier Tage in der Woche gibt es hier nun Pierogi. Foto: Ralf Poller

Die gebürtige Polin Jolanta Garbowska hat eine Pierogi Manufaktur eröffnet und will die „polnischen Maultaschen“ in Schwaben etablieren. Wie kommt die Speise bei der Kundschaft an?

Sie sind klein, in der Mitte etwas rundlich und können herzhaft oder süß gefüllt sein: die polnischen Teigtäschchen, auch Pierogi genannt. Jolanta Garbowska nennt sie liebevoll ihre „polnischen Maultaschen“. Denn die Polin, die seit 2008 im Schwabenland wohnt, liebt beides: die schwäbische und polnische Küche. Und mit ebendiesem Mix hat sie Mitte des Jahres den Weg in die Selbstständigkeit gewagt. Sie hat in Ottmarsheim eine Pierogi Manufaktur eröffnet. An vier Tagen in der Woche gibt es die Klassiker der polnischen Küche nun in ihrem kleinen Ladengeschäft zu kaufen – direkt zum Verzehr oder zum Mitnehmen. Und natürlich: alle in Handarbeit gemacht.

Die Füllungen der Teigtaschen unterscheiden sich

Sieben Pierogi-Varianten zum Portionspreis von zehn oder elf Euro – kleine Portionen kosten fünf bis sechs Euro – hat die 57-Jährige zurzeit im Angebot. Mal ganz klassisch gefüllt mit Quark und Kartoffeln, aber auch mal etwas unkonventionell mit Linsen oder mit Buchweizen und Champignons. Kassenschlager sind die Varianten bestehend aus Spinat und Feta-Käse oder aus Hähnchen und Gemüse. Aber auch Pierogi mit langsam geschmortem Sauerkraut und Kartoffeln oder Pilzen werden gerne bestellt. Obendrauf gibt es stets Röstzwiebeln. „Die gehören einfach dazu“, sagt Jolanta Garbowska, die zudem zu jeder Portion noch einen kleinen Salat auf dem Teller platziert. „Das macht in Polen keiner, aber hier gehört es irgendwie dazu“, meint sie.

Auf die Idee ihrer kleinen Manufaktur kam die 57-Jährige durch Zufall – weil ihr jüngster Sohn während der Coronapandemie immer wieder Massen an Pierogi für sich und seine Freunde orderte. „Daraufhin meinten meine Söhne, dass ich mich damit doch selbstständig machen soll. Schließlich gebe es im Umkreis nirgends ein ähnliches Angebot.“ Gesagt, getan. Zumal sie gerade erst ihren Job in der Pflege aufgegeben hatte. „Mein Mann hatte einen Schlaganfall und hat mich gebraucht. Deshalb war ich zu Hause“, erzählt sie. Über ihre Schwägerin wurde sie auf ihr heutiges Ladengeschäft aufmerksam, eine ehemalige Bäckerei. Die Freude über einen Laden in Fußnähe zu ihrer Wohnung wurde aber schnell getrübt: „Als ich hier reingekommen bin, sah es aus wie bei Sodom und Gomorrha. Mich hat der Schlag getroffen.“ Somit musste erst einmal renoviert werden. Im Februar fiel der Startschuss – und ihre Familie, allen voran ihre Söhne Bartek (37) und Kuba (29), packten mit an.

Wie ist die Nachfrage nach den polnischen Maultaschen?

Im August war man dann so weit, dass man die Manufaktur eröffnen konnte. Mit einem kleinen Sommerfest wollte die Familie im Ort etwas auf sich aufmerksam machen. Was dann passierte, darüber kann Jolanta Garbowska auch heute nur den Kopf schütteln. „Bereits um 12 Uhr waren mehr als 100 Personen da. Mit so einem Ansturm hätten wir im Leben nicht gerechnet. Das war logistisch für uns gar nicht machbar. Wir dachten, es kommt ab und an mal jemand vorbei, aber das war verrückt“, sagt sie. Enttäuscht seien einige Personen wieder gegangen, ohne die Pierogi probiert zu haben. Für Garbowska, die stets eine gute Gastgeberin sein möchte, das Schlimmste. Zumal an diesem Tag auch noch dreimal der Strom ausfiel. „Es war einfach alles furchtbar. Ich habe da gesagt: Ich will nicht mehr.“

Der Sohn hilft beim Herstellen der Pierogi

Inzwischen ist die Welt wieder in Ordnung bei ihr – und die 57-Jährige gebürtige Polin fühlt sich wohl in ihrem Ladengeschäft. „Es hat sich alles eingespielt. Wir haben einen Rhythmus, und es läuft“, sagt sie. Montags wird eingekauft, dienstags werden alle Füllungen vorbereitet. Als kleine Kugeln warten sie dann im Kühlschrank auf ihren Einsatz. Gemeinsam mit ihrem großen Sohn Bartek befüllt sie den Teig – und das täglich frisch. Per Hand stellt sie dann noch die typische Form her. Anschließend werden die Pierogi kurz blanchiert und wandern dann entweder direkt auf den Teller oder in den Froster.

Pierogi sind noch nicht so bekannt wie Döner oder Pizza

Eine kleine Stammkundschaft hat sich die Familie bereits erarbeitet. „Es kommen viele Polen zu uns aus dem ganzen Kreis, und es bestellen auch einige Leute aus Firmen im Umkreis bei uns ihr Mittagessen“, berichtet die gelernte Kauffrau, die sich dennoch noch mehr Kundschaft wünschen würde. „Pierogi sind hier einfach noch nicht so bekannt wie Pizza oder Döner, dabei sind sie ein typisches Gericht, das in Polen jede Oma und Mama gemacht hat und macht. Außerdem schmecken sie je nach Füllung ganz unterschiedlich“, erklärt sie. Alles in allem fällt ihr Fazit nach rund einem halben Jahr Selbstständigkeit positiv aus: „Ich bin stolz auf mich und meine Familie. Wir haben alles selbst gemacht und können jetzt Schritt für Schritt wachsen.“ Ihr Wunsch: Bald Personal einstellen, um noch mehr über die Ladentheke geben zu können. Wichtig ist ihr dabei aber eines: die Qualität. „Es muss schmecken wie bei Oma oder Mama zu Hause. Denn genau das ist es, was die Kunden stets hervorheben und wovon sie schwärmen“, sagt sie.

Die Pierogi Manufaktur in der Ilsfelder Straße 1 in Ottmarsheim hat mittwochs bis samstags von 11 bis 18 Uhr geöffnet.

Was sind Pierogi?

Herstellung
 Pierogi sind gefüllte Teigtaschen aus Hefe-, Blätter- oder Nudelteig, die in der ostmittel- und osteuropäischen sowie in der finnischen Küche weit verbreitet sind. Die Art der Herstellung, Füllungen und Bezeichnungen variieren dabei jedoch von Region zu Region. Die Pierogi sind ein beliebter Bestandteil von Festmahlzeiten, werden aber auch von Garküchen, in Polen „pierogarnia“ genannt, als Fast Food angeboten. Sie können je nach Füllung als Vorspeise, Hauptgericht oder Nachtisch gereicht werden.

Ursprung
 Überlieferungen zufolge stammen Pierogi ursprünglich aus China. Marco Polo soll das Rezept der kleinen Teigtaschen auf seinen Reisen nach Italien mitgebracht haben, von wo sie im 14. Jahrhundert schließlich den Weg nach Polen fanden.