Sollte die Stadtbücherei im Bebenhäuser Pfleghof bleiben, muss dieser für alle Besucher problemlos erreichbar sein. Das zumindest fordert die Esslinger SPD. Foto: Horst Rudel

Rund 2,5 Millionen Euro wären notwendig, um die wichtigsten Wege in der Esslinger Altstadt gehfreundlicher zu gestalten. Die Pflastersteine erschweren insbesondere Menschen mit Rollstuhl, Rollatoren oder Kinderwagen einen Altstadtbesuch.

Esslingen - Die SPD hat die Steine wieder einmal ins Rollen gebracht. Doch anders als bei den zahlreichen Versuchen in der Vergangenheit, bei denen sie nach wenigen Zentimetern wieder liegenblieben, könnte dieses Mal eine kleine Gerölllawine daraus werden – wenn auch nur sehr langsam.

Es geht um besondere Steine – um Pflastersteine. Diese gibt es zu abertausenden in der Esslinger Altstadt. Sie tragen – ganz ohne Zweifel – dazu bei, das historische Stadtbild zu betonen. Die oft groben Steine erschweren aber insbesondere für Menschen mit Rollstuhl, mit Rollatoren oder Gehhilfe, aber auch für Eltern mit Kinderwägen den Altstadtbesuch – oder sie machen ihn sogar gänzlich unmöglich. Weil die Gesellschaft aber immer älter wird, die Altstadt aber dauerhaft und nachhaltig belebt werden muss, hat die SPD den Antrag gestellt, die Stadt solle „alternative Realisierungsmöglichkeiten für fußgängerfreundliche Gehstreifen auf den Esslinger Altstadtgassen“ vorstellen.

Die Methode hat ihren Preis

Dem ist die Verwaltung nachgekommen – und hat das Konstanzer Modell in die Diskussion gebracht. Dort hat die Stadt den mit grobem Fluss- und Wackenpflaster gestalteten Platz rund um das Münster mit einem speziellen, in Basel entwickelten Schleifverfahren geglättet, das die Anforderungen der Behindertenverbände erfüllt. Anschließend sind die Fugen mit Mörtel aufgefüllt und die geschliffene Pflasteroberfläche ist abgeflammt worden. Diese Maßnahme ist notwendig um die Rutschfestigkeit und die natürliche Steinfärbung wieder herzustellen.

Das Ergebnis kann sich im wahrsten Sinn des Wortes sehen lassen – die Methode hat aber auch ihren Preis. Rund 500 Euro kostet es, einen Quadratmeter Pflasterweg auf diese Weise barrierefrei zu gestalten. Wenn man bedenkt, dass in der Esslinger Altstadt mindestens noch 5000 Quadratmeter Fußweg geschaffen werden müssen, um eine durchgängige Barrierefreiheit – oder zumindest eine Barrierearmut zu erzielen – würde das Projekt rund 2,5 Millionen Euro kosten.

Aber nicht nur an den Kosten scheitert eine zeitnahe Umsetzung. Auch die Mitarbeiter des Tiefbauamts sind wegen der Straßen- und Brückensanierungen momentan voll ausgelastet, erläutert der Baubürgermeister Wilfried Wallbrecht. Eigentlich sei es deshalb das Ziel gewesen, immer dann in Sachen Barrierefreiheit aktiv zu werden, wenn neue Plätze, Gebäude und Straßen geplant werden, wenn Sanierungen und Umbauten anstehen oder wenn der öffentliche Raum umgestaltet werden soll.

Bis es soweit ist, könnten noch einige Monate vergehen

Doch damit ist die Verwaltung im Technischen Ausschuss nicht durchgekommen: Auf Antrag der SPD muss sie nun eine Prioritätenliste erstellen, den Preis einzelner Schritte beziffern und einen konkreten Zeitplan zur Umsetzung der Baumaßnahmen vorlegen. Bis es soweit ist, werden noch einige Monate vergehen. „Zunächst müssen wir ein Gesamtkonzept erarbeiten, damit wir dann an den sinnvollsten Stellen tätig werden können“, sagt Wilfried Wallbrecht. Ein solches Konzept zu erstellen, werde voraussichtlich mehrere Monate dauern. Frühestens in der Sitzung des Esslinger Gemeinderats vor der Sommerpause könne die Verwaltung dann das gewünschte Aktionspaket vorlegen.

Für die SPD ist klar, dass dabei die Zugänge zu den beiden Büchereistandorten im Mittelpunkt stehen müssen. Die Stadträtin Yvonne Tröger erwartet, „dass die entsprechenden Wegeverbindungen sowohl bei der Sanierung der Stadtbücherei im Bebenhäuser Pfleghof als auch bei einem möglichen Neubau der Bücherei im Bereich der Küferstraße und Kupfergasse „barriereärmer als bisher gestaltet werden müssen“. Da der Bebenhäuser Pfleghof in jedem Fall auch weiterhin öffentlich genutzt werden solle, sei Barrierefreiheit in diesem Bereich „sowieso ein Muss“.

Nicht wiederholen dürfe sich das, was im Jahr 2017 in der Esslinger Allmandgasse geschehen ist. Dort ist der Bereich vor einer Seniorenresidenz aus Rücksicht auf die Belange des Denkmalschutzes mit kleinen Pflastersteinen ausgestattet worden. Yvonne Tröger: „So etwas darf nicht mehr passieren.“