Nathalie Dieterich schafft Vertrauen zwischen Mensch und Pferd. Foto:  

Die Reittherapeutin Nathalie Dieterich arbeitet in Allmersbach im Tal mit gehandicapten Kindern und Jugendlichen, die von der Begegnung mit Pferden überwältigt sind.

Allmersbach im Tal - Der Kaltblüter Hero ist ganz schön groß. Für einen Jugendlichen mit spastischen Lähmungen in den Beinen ist es eine echte Herausforderung, auf den Rücken des Pferdes zu kommen. Gut, dass Nathalie Dieterich weiß, wie man es anstellt, aus dem Rollstuhl heraus über eine Aufstiegshilfe auf Hero zu kraxeln. Die Reittherapeutin gibt Adrian Hilfestellung, der die drei Tritte nach oben gekommen ist und nun quer auf Hero liegt. Gleichzeitig gibt sie in ruhigem, aber bestimmtem Ton Anweisungen an ihre Helfer. Und schon sitzt der 16-Jährige auf dem gelassenen Riesen Hero.

Im Schritt schreitet das Pferd nun durch die große Reithalle des Gutshofs Hildebrandt in Allmersbach im Tal. Eine Gruppe Jugendlicher von der Fröbelschule in Schorndorf ist zur Reittherapie gekommen. „Das wird alles lockerer. Je länger es geht, desto besser wird es“, sagt Adrian, danach gefragt, ob er denn keine Schmerzen in den Beinen hat, wenn er auf Hero reitet. „Außerdem ist er warm wie eine Sitzheizung“, sagt der 16-Jährige und lacht glücklich.

Schmerzen lassen durch das Reiten nach

Überhaupt hat der Junge das so große wie sanfte Tier ins Herz geschlossen. Bevor es in die Reithalle ging, hat die Gruppe Hero im Stall abgeholt. Während eifrig gestriegelt wird, sitzt der 16-Jährige vor dem Kopf des Pferdes und streichelt ihn. „Man braucht keine Angst vor ihm zu haben, auch wenn er so groß ist.“ Wenn er auf Hero geritten ist, habe er hinterher weniger Schmerzen oder gar keine, versichert der Jugendliche.

„Das kommt von der Bewegung der Pferde. Diese überträgt sich auf die Reiter“, sagt Nathalie Dieterich, die in Winnenden-Birkmannsweiler eine Praxis für Physiotherapie betreibt. Sofort nach ihrer Ausbildung hat sie sich zur Reittherapeutin weitergebildet. „Seit November bin ich hier auf dem Gutshof Hildebrandt. Zuerst habe ich mit meinen eigenen Pferden gearbeitet, aber die sind jetzt im Ruhestand“, erzählt sie.

Die Freude der Jugendlichen ist unbezahlbar

Hero und der kleinere Scary – ein irisches Tinker-Pferd – gehören zu dem großen Pferdehof, den Alfred Hildebrandt vor zweieinhalb Jahren übernommen hat. „Der Vorbesitzer war ein richtiger Pferde-Enthusiast. Er hat den Hof so gebaut, dass alle Abläufe optimal passen“, sagt der Immobilienunternehmer, den man getrost ebenfalls als Pferde-Enthusiasten bezeichnen darf. „So ein Hof war immer mein Traum.“ So ist auf dem Gutshof Hildebrandt neben 35 Reit-, Zucht- und Pensionspferden auch Platz für Therapiepferde. Die Reittherapie ist nicht billig und wird von gesetzlichen Krankenkassen nicht erstattet. „Das kommt durch den großen Personaleinsatz. Für eine verantwortungsvolle Therapie müssen mehrere Helfer dabei sein, die sich um das Pferd und den Menschen kümmern“, sagt Nathalie Dieterich. Da kommen schnell drei oder vier Personen zusammen. Um Menschen mit geringeren finanziellen Mitteln die Therapie zu ermöglichen, wurde auf dem Hof der Verein „Pferde helfen Menschen – Gutshof Hildebrandt“ gegründet. Bei diesem können Anträge für eine Erstattung der Kosten gestellt werden.

Die Fröbelschule aus Schorndorf hat für dieses Jahr eine Finanzierung gefunden. Zwei Mal im Monat kommt eine Gruppe auf den Hof. Wer die Freude der jungen Leute dabei erlebt, weiß, dass die Wirkung eigentlich unbezahlbar ist.