Perikles Simon spricht Klartext Foto: dpa

Der weltweit anerkannte Antidopingexperte Perikles Simon hatte sich 2017 frustriert zurückgezogen – nun meldet er sich gegenüber unserer Redaktion in der Öffentlichkeit zurück. Mit heftiger Kritik am Antidopingkampf und den dafür zuständigen Einrichtungen.

Stuttgart - Der Mainzer Sportmediziner Perikles Simon hat der Nationalen Anti-Doping-Agentur (NADA) ein vernichtendes Zeugnis ausgestellt. „Dieser Institution würde ich das Geld komplett entziehen. Es gibt null Interesse, dass prominente Sportler auffliegen“, sagte der 46-Jährige im Interview mit unserer Redaktion.

Simon stellt angesichts der verschwindend geringen Zahl an positiven Fällen das gesamte Antidopingsystem in Frage. „Die Nada will uns erzählen, sie sei mit der angeblich weltbesten Analytik nicht in der Lage, irgendetwas Sinnvolles zu detektieren“, erklärte der Wissenschaftler und fügte an: „Sagt uns, warum wir diese Muppet Show überhaupt noch machen sollten. Diese Frage muss einfach mal gestellt werden – und zwar von denen, die das Geld in das Testsystem pumpen.“

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Das Argument der abschreckenden Wirkung von Dopingtests lässt Simon nicht gelten: „Wie viel Abschreckung gibt es denn überhaupt? Wenn die Abschreckung gerade mal darin besteht, dass die Athleten noch kriminellere und invasivere Verfahren wählen, müsste die Konsequenz lauten: Dann schafft die Tests doch ab!“

Fundamentale Kritik an der Struktur des Sports

Kritik übte Simon auch an der Organisationsstruktur des deutschen Sports. „Das Bundesinnenministerium ist für den Sport zuständig – leider auch für den medizinischen Bereich, mit dem es im Grunde nichts zu tun haben sollte. Er wäre eigentlich ein Fall für das Bundesgesundheitsministerium“, sagte Simon. Das zeige, dass es nicht um die Gesundheit, sondern nur um Medaillen gehe. „Diese Organisationsstruktur stammt erkennbar aus dem Kalten Krieg, der auch im Sport ausgefochten wurde. Diese Struktur sollten wir so langsam mal auflösen.“

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Simon, jahrelang einer der profiliertesten Dopingexperten, hatte 2017 den Kampf gegen Doping aufgegeben und angekündigt, sich öffentlich nicht mehr äußern so wollen. Seinen Sinneswandel erklärte er nun so: „Ich untersuche und berate viele minderjährige Athleten. Und meine Verpflichtung als Arzt ist es, sie und ihre Eltern darüber aufzuklären, was ihnen blüht, wenn sie sich in den Leistungssport begeben und die Antidopingvereinbarung der Nada unterschreiben.“

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