Der Bruch ist gerichtet – aber wie geht’s weiter? Darum muss sich das Entlassmanagement kümmern. Foto: www.mauritius-images.com

Seit Oktober 2017 müssen Kliniken die Entlassung ihrer Patienten vorbereiten. Die Versorgung soll möglichst lückenlos bleiben. Nach 500 Tagen fällt eine erste Bilanz ernüchternd aus.

Stuttgart - In der Praxis von Rolf Hartmann bricht an Freitagnachmittagen immer wieder mal Hektik aus. Aus heiterem Himmel schlagen bei dem Ulmer Allgemeinmediziner frisch aus dem Krankenhaus entlassene Patienten auf und brauchen eine Anschlussversorgung. Weil die Patienten in der Klinik oft keinen Medikationsplan erhalten haben und die von dort mitgebrachten Medikamente nicht übers Wochenende reichen, hat Hartmann ein Problem: Er muss herausfinden, was und wie er verordnen soll, findet aber auf Anhieb im Krankenhaus nicht den richtigen Ansprechpartner. Klar, dessen Telefonnummer hätte ja auf dem Medikationsplan stehen sollen.

„Wenn man uns rechtzeitig vorher anrufen und vorwarnen würde, dass eine Entlassung bevorsteht, wäre uns sehr geholfen. Wir brauchen unbedingt zeitlichen Vorlauf, um die Anschlussversorgung umsetzen zu können“, sagte der Ulmer Mediziner jetzt bei einer Fachtagung in Stuttgart. Auf Einladung der Krankenkasse Barmer und mehrerer Pharmaunternehmen schilderte er seine Erfahrungen mit dem neuen Instrument des Entlassmanagements. Danach sind seit Oktober 2017 alle Kliniken gesetzlich verpflichtet, dafür zu sorgen, dass Patienten im Anschluss an einen stationären Aufenthalt optimal aufgefangen werden. Allerdings zeigte sich bei der Tagung überdeutlich, dass das Instrument im Versorgungsalltag viel zu oft nicht funktioniert. Winfried Plötze, Landeschef der Barmer, sprach von einem „Armutszeugnis“. Alle Beteiligten müssten gemeinsam Lösungen finden.

Problempatienten sind kaum unterzubringen

Wo die Probleme aus Sicht der Kliniken liegen, das schilderte Markus Mord, Geschäftsführer des Marienhospitals in Stuttgart. Für die Häuser bedeute das Entlassmanagement einen enormen zusätzlichen Aufwand gerade für Patienten mit besonderen Bedarfen. „Wenn wir versuchen, einen Patienten mit Keim in eine Pflegeeinrichtung zu vermitteln, gehen bei vielen Heimen sofort die Klappen runter“, sagte Mord. Ärzte und Pflegekräfte müssten entsprechend viel Zeit investieren, um einen Platz zu finden.

Dafür gebe es im Klinikalltag kaum Spielräume, zumal die Zusatzleistung nicht vergütet werde. Auch die Verordnung von Medikamenten sei ein Problem, wenn der zuständige Facharzt dafür eigens aus dem Operationssaal geholt werden müsse. Pflegekräfte seien ja nicht befugt, diese Aufgabe zu erledigen, so Mord. Andreas Haupt, Leiter des DRK-Pflegeheims in Bad Friedrichshall und Vorsitzender des Pflegenetzwerks Heilbronn, kritisierte, das Entlassmanagement sei von der Politik zwar gut gemeint gewesen, das Instrument sei aber kaum praxistauglich. „Die einzelnen Sektoren arbeiten völlig unabhängig voneinander, und alle basteln jetzt an eigenen Spielregeln, das kann so nicht funktionieren“, sagte Haupt. Irgendjemand müsse den Hut aufhaben und die Marschrichtung vorgeben. Es brauche ein konsequentes Fallmanagement.

Die Grundlage des Entlassmanagements bildet ein Rahmenvertrag zwischen den Spitzenverbänden von Krankenkassen, Ärzten und Kliniken. Angestoßen wurde das Vorhaben durch das Versorgungsstärkungsgesetz von 2015. Weil die Beteiligten sich nicht auf eine Umsetzung einigen konnten, kam es zu einem Schiedsverfahren. Dessen Ergebnis lehnten die Kliniken als „bürokratisches Monster“ ab.