Konzerne wie Bosch sind erfinderisch, Mittelständler hingegen immer weniger Foto:  

Der Wirtschaftsstandort Stuttgart ist bei Innovationen im bundesweiten Vergleich nach wie vor an erster Stelle. Bedenklich ist allerdings, dass die Zahl der Patentanmeldungen von kleinen und mittelständischen Unternehmen immer weiter zurückgeht.

Stuttgart - Die Metropolregion Stuttgart ist top. Nirgendwo sonst werden mehr Patente angemeldet als hierzulande. Daran haben insbesondere Konzerne wie Daimler, Bosch und Porsche sowie die großen Zulieferer wie Mahle und Trumpf ihren Anteil. Auch bei Wertschöpfung, Produktivität sowie Aufwand für Forschung und Entwicklung liegen die hiesigen Unternehmen im Vergleich zu den Metropolregionen München, Rhein-Ruhr und Sachsendreieck vorne. „Die Situation sieht insgesamt sehr gut aus“, sagt Andreas Richter, Hauptgeschäftsführer bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) der Region Stuttgart. Die Frage ist nur: wie lange noch?

Die Ergebnisse einer neuen Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) geben Anlass zur Sorge. Ihr zufolge fehlen kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) mit weniger als 500 Mitarbeitern zunehmend die Tüftler. Dabei sind sie eigentlich die Motoren der Wirtschaft. Die Zahl der Patentanmeldungen von KMU ging in den vergangenen Jahren sukzessive zurück – auf weniger als 4000 pro Jahr. „Die Spitzenposition der Metropolregion Stuttgart beruht auf der Innovationskraft der Großunternehmen“, betont Richter, „sie verdeckt die Probleme der KMU.“

Für den Trend gibt es nach Ansicht der IHK zwei Gründe: Zum einen ist da der Usus, dass das in mittelständischen Unternehmen erarbeitete Wissen von größeren Unternehmen verfeinert wird und diese dann das Patent anmelden. Und zum anderen der mangelhafte oder fehlende Wissenstransfer von größeren Firmen zu ihren Zulieferern. „Die Mehrheit der KMU sind im Bereich Forschung und Entwicklung eher schlecht aufgestellt“, sagt Andreas Richter. Vor allem aus finanziellen Gründen. „Uns Mittelständlern fehlen häufig die Ressourcen. Wichtig ist deshalb, dass man entsprechend vernetzt ist“, sagt der geschäftsführende Gesellschafter des Zulieferers 2E-mechatronic, Uwe Remer. Der Gehäusehersteller hat seinen Sitz in Kirchheim/Teck und kooperiert mit mehreren wissenschaftlichen Einrichtungen, um Innovationen zu generieren. „Mittelständische Unternehmen müssen bereit sein, Kooperationen einzugehen. Denn das ist das Erfolgsrezept“, meint Remer. Der Chef von rund 45 Mitarbeitern ist sich bewusst, dass Kooperationen auch Risiken bergen. Er sagt allerdings auch: „Als Unternehmer muss man auch Mut haben.“

Die IHK jedenfalls will den kleinen und mittelständischen Unternehmen unter die Arme greifen. Um ihnen Informationen und wissenschaftliche Artikel zur Verfügung stellen zu können, hat die Kammer eine Suchmaschine entwickelt, die ab Herbst für alle Firmen zugänglich sein soll.

Außerdem gibt es mit Markus Götz bereits einen Beauftragten für Technologietransfers. Seine Aufgabe ist es, Unternehmen bei der Suche nach Ansprechpartnern an wissenschaftlichen Einrichtungen zu helfen und Kooperationspartner zu vermitteln. Nach Ansicht der IHK muss dieses Angebot aber stärker genutzt werden. „Will die Metropolregion Stuttgart auch zukünftig in der Champions League der Wirtschaft spielen, muss sie sich anstrengen und bereit sein, neue Wege zu gehen“, sagt Christoph Zanker, der die Studie am ISI geleitet hat.

Aber nicht nur die Unternehmer, sondern auch die Politik ist gefordert. Baden-Württemberg unterstützt Projekte mit sogenannten Innovationsgutscheinen bis zu 10 000 Euro, der Bund gibt im Rahmen seiner Förderprogramme 50 000 Euro und mehr. Für alles dazwischen gibt es keine Töpfe. Deshalb wünscht sich der Geschäftsführer Industrie und Verkehr der IHK, Hans-Jürgen Reichardt, ein Handeln der Landesregierung: „Das Land muss die Beträge erhöhen, um die Lücke zu schließen.“