Nilgänse sind in den Hohenheimer Gärten alles andere als gern gesehen. Foto: dpa

Im vergangenen Jahr sind die Nilgänse im Park in Stuttgart-Hohenheim bejagt worden. Sie gelten als invasive Art, die heimischen Vögeln das Leben schwer macht. Das wollen und können die Verantwortlichen nicht hinnehmen.

Hohenheim - Auf den ersten Blick mag sich nicht offenbaren, was die inzwischen ausgerotteten Ziegen auf den Galapagosinseln mit den Nilgänsen in den Hohenheimer Gärten zu tun haben. Wer aber weiß, dass die Nachfahren der vor rund 90 Jahren durch Menschen eingeschleppten Paarhufer auf den pazifischen Inseln großen Schaden angerichtet und die dort lebenden Schildkröten gefährdet haben, dem mag einleuchten, warum Helmut Dalitz, wissenschaftlicher Leiter der Hohenheimer Gärten, Nilgänse nicht auf seinem Terrain haben will.

Die oft aggressiven Wasservögel machen heimischen Arten ihren Lebensraum streitig. Das kann und will Dalitz nicht hinnehmen. „Denn es gibt auch einen Schutzstatus für unsere eigenen Pflanzen und Tiere, die hier heimisch sind“, sagt er.

Erstmals hatten Nilgänse im vergangenen Jahr das Terrain mit den Gewässern beim Hohenheimer Schloss für sich entdeckt. Weil eine Vergrämung der Tiere – die als invasive Art eingestuft sind – nicht gelang, wurden sie bejagt. Der Ausgang für zwei Exemplare der aus Afrika stammenden Vogelart war tödlich. Ein ähnliches Szenario könnte es womöglich auch in diesem Jahr wieder geben.

Das Problem: Sie werden sich hier wohlfühlen

Kaum gab es die ersten warmen Vorfrühlingstage, sind bereits zwei Nilgans-Paare in Hohenheim gelandet. Und Dalitz’ Beobachtung an den jüngsten Sonnentagen lassen erahnen, dass sie sich recht wohlfühlen: „Das Männchen saß auf einem Baum und hat eifrig nach seinem Weibchen gerufen“, berichtet er. Schon bald könnte es also den ersten Nilgans-Nachwuchs des Jahres 2019 in Hohenheim geben.

Bis zu dreimal pro Jahr haben Nilgänse laut Dalitz Nachwuchs. Der wissenschaftliche Leiter der Hohenheimer Gärten zerbricht sich derweil den Kopf, wie es gelingen kann, den Nilgänsen das schmucke Gebiet auf den Fildern zu verleiden oder ihnen zumindest beim Thema Nachwuchs einen Strich durch die Rechnung zu machen. „Es gibt Überlegungen, eventuell die Eier der Nilgänse auszutauschen“, sagt Dalitz. Dann würden sich die Vögel beim Versuch der Familienbildung „erfolglos abmühen“. Dies sei möglicherweise aber gar nicht so leicht zu bewerkstelligen, gibt Dalitz zu bedenken. Es komme schließlich darauf an, wo die Wasservögel ihr Gelege platzierten. Im vergangenen Jahr habe ein Nilgans-Paar sein Nest in einer großen Platane am Spielhaus gehabt. „Da kam man gar nicht ohne größeren Aufwand hin“, so Dalitz. Ein Austausch der echten Eier stand da nicht zur Debatte.

Die Tiere müssen zurückgedrängt werden

„Mein Ansinnen ist: Wehret den Anfängen“, sagt Dalitz, der von verschiedenen Orten weiß, an denen die Gänse zu einer regelrechten Plage geworden sind. Dies gelte es in Hohenheim zu verhindern. Er glaubt, auch mangels bundeseinheitlicher Regeln im Umgang mit den Nilgänsen, „man hat das Problem schon zu lange anwachsen lassen“. Ob und wie man die aggressiven Tiere daher zurückdrängen könne, bleibe abzuwarten. „Wir beobachten die Situation bei uns im Moment“, sagt Dalitz. Ihm sind aktuell aber eh die Hände gebunden. Den Tieren darf bis zum Herbst schließlich nicht der Garaus gemacht werden. Bevor Ende des Jahres gegebenenfalls wieder Jäger auf die Vögel angesetzt werden müssten, „versuchen wir aber zuerst, die Tiere zu vertreiben“, sagt Dalitz. Bis dahin werden die Nilgänse auf jeden Fall beobachtet – und das Verhalten wird dokumentiert. Zudem stehe er im Dialog mit der Stadt. Schließlich kommen die Tiere inzwischen an vielen Gewässern in Stuttgart vor.

Auf die Bejagung der Gänse im Herbst vergangenen Jahres in Hohenheim hat laut Dalitz auch die Tierrechtsorganisation Peta mit einem Brief reagiert. In seiner Reaktion hat Dalitz viele Fakten zusammengetragen, die dagegen sprechen, dass man die Sache einfach der Natur überlässt. Wohin es führen könne, wenn ein Lebensraum von einer ursprünglich dort nicht lebenden Art bevölkert werde, sei nicht nur auf den Galapagosinseln deutlich geworden. Auch die seit Jahrzehnten anhaltende Kaninchenplage in Australien zeige dies deutlich auf.