Unter und auf dem Dach des historischen Klosterhof-Gebäudes sind inzwischen Ruhe und Reinlichkeit eingekehrt. Foto: Ines Rudel

Die Ostfilderner Stadtverwaltung hat aufgrund gesundheitlicher Probleme von Mitarbeitern, den Taubenschlag in einem Gebäude im Nellinger Klosterhof geschlossen. Mit der Vorgehensweise ist der Tierschutzverein Esslingen ganz und gar nicht einverstanden.

Ostfildern - Im Klosterhof in Ostfildern-Nellingen geht es nicht mehr zu wie in einem Taubenschlag. Denn in dem Gebäude mit der Nummer vier, wo sich im Dachstuhl seit rund zehn Jahren eine Behausung für die gefiederten Zeitgenossen befunden hatte, gibt es keine Bleibe mehr für die Tiere. Die Ostfilderner Stadtverwaltung, deren Fachbereich Bildung, Kultur und Familie in dem Fachwerkbau beheimatet ist, hat auf die zunehmenden Klagen von Mitarbeitern über gesundheitliche Beschwerden reagiert und deshalb beschlossen, den Taubenschlag aufzugeben. Der war einst gemeinsam mit dem Tierschutzverein Esslingen initiiert worden, um die Population der Tauben besser kontrollieren zu können. Die Tierschützer fühlen sich übergangen.

Er hege keinen Groll gegen die Stadtverwaltung, sagt David Koch, der Vorsitzende des Tierschutzvereins Esslingen, aber die Art und Weise, wie sie vorgegangen sei, „ist nicht in Ordnung“. Sein Verein sei im November recht spät und kurzfristig über das Vorhaben informiert worden. Dann sei der Taubenschlag „einfach geschlossen“ und die Tiere – ausgerechnet vor dem Winter – sich selbst überlassen worden. Die standortreuen Vögel hätten sich auf dem Dach des Gebäudes aufgehalten. Erst nachdem der Schlag auf eine Bitte hin noch einmal geöffnet worden sei, sei es den Tierschützern gelungen, bei drei Aktionen 84 Tauben einzufangen.

Die Verwaltung sah sich zum Handeln gezwungen

Die Verwaltung habe handeln müssen, betont indes Andrea Wangner, die Sprecherin der Stadt Ostfildern. Wegen des schädlichen Staubs, der sich vom Taubenschlag aus im Haus verteilt habe, hätten immer mehr städtische Mitarbeiter über gesundheitliche Probleme geklagt. Auch Kot und Federn auf den Simsen und an den Fenstern hätten ihnen zu schaffen gemacht. Dass zurzeit die Fassade des Gebäudes saniert werde, habe ebenfalls für eine Schließung des Taubenschlags gesprochen. Schließlich solle die frisch renovierte Fachwerkfassade nicht gleich wieder verunreinigt werden.

David Koch „kann die Klagen der Mitarbeiter nachvollziehen“, wenngleich er betont, zwischen dem Dachboden und den Räumen befinde sich noch ein Zwischenzimmer. Deshalb habe selbst bei den regelmäßigen Reinigungen des Schlags durch die Tierschützer „gar nicht so viel Staub“ ins Gebäude eindringen können. „Aber komplett auszuschließen ist es auch nicht.“ Doch er bleibt bei seiner Kritik: „Man hätte schon im Sommer mit uns sprechen können, um in Ruhe eine Lösung zu finden.“

Jetzt müsse der Verein „schauen, wo wir die Tauben unterbringen“. Würde man sie frei lassen, flögen sie „schnurstracks wieder da hoch“. Es müsse eine Alternative für die 84 Tiere gefunden werden. Dass es so viele sind, die den Schlag als Unterkunft auserkoren hatten, lässt die Stadtverwaltung argwöhnen, die Tierschützer hätten ihr Ziel verfehlt, die Population zu kontrollieren. „Es drängt sich der Eindruck auf, die Vögel seien nicht an-, sondern durchgefüttert worden“, sagt Andrea Wangner.

Diesem Vorwurf widerspricht David Koch „ganz klar“. Die Methode, der unkontrollierten Taubenvermehrung Herr zu werden, indem man den Tieren im Schlag Gipseier unterjubelt, habe auch in Nellingen funktioniert. Der Bestand sei dadurch in etwa gehalten worden. So werde auch in den vier Schlägen der Stadt Esslingen, ebenfalls betreut vom Tierschutzverein, erfolgreich vorgegangen. Die Stadt Kirchheim hat mit ihrem Taubenschlag, in dem die Vögel auf Attrappen brüten, ebenfalls gute Erfahrungen gemacht. Damit sei „eine weitere Zunahme der Taubenpopulation verhindert“ worden, heißt es seitens der Kirchheimer Stadtverwaltung.

Die Tierschützer schlagen einen Taubenturm vor

Diesbezüglich will David Koch das Gespräch mit der Ostfilderner Stadtverwaltung suchen. Um den Tauben und den Menschen gerecht zu werden, schlägt er einen Taubenturm vor, der nicht im Ortszentrum stehe, um Konflikte zu vermeiden. Auch die Verwaltung sei für Gespräche mit den Tierschützern gerne bereit, sagt Andrea Wangner. Sie schränkt aber ein, dass für Einrichtungen wie einen Taubenturm „zurzeit keine Mittel vorgesehen“ seien. Da kann sich David Koch einen kleinen Seitenhieb nicht verkneifen: „Eine Stadt ist auch mitverantwortlich für ihre Tauben.“