Für die Schwaben-Hornissen ist die Luft in der Bundesliga nach drei Spielzeiten zu dünn geworden. Foto: Michael Steinert/Archiv

Kurz nach der Entscheidung für den Bau einer großen Sporthalle verkünden die Nellinger Handballerinnen den Rückzug aus dem Oberhaus. Der Rathauschef ist verärgert, die Räte sind verwundert. Dennoch wollen sie mehrheitlich am Beschluss festhalten.

Ostfildern - Die Ankündigung der Ostfilderner Bundesliga-Handballerinnen des TV Nellingen (TVN), sich nach dieser Saison aus dem Oberhaus zurückzuziehen, um in der dritten Liga einen wirtschaftlichen und sportlichen Neuanfang zu versuchen, hat in Handballkreisen überrascht. Der Zeitpunkt der Entscheidung löst aber zudem Diskussionen jenseits des Sports aus. Denn es ist gerade einmal drei Wochen her, da hat der Ostfilderner Gemeinderat mit großer Mehrheit beschlossen, die alte Sporthalle 1 im Stadtteil Nellingen durch eine neue mit einer Zuschauerkapazität von 750 Sitz- und 200 Stehplätzen „bundesligataugliche“ Arena zu ersetzen. Die Kosten werden zurzeit mit rund 13,5 Millionen Euro beziffert.

Die Fraktionen der Freien Wähler, CDU und SPD, die sich in einem gemeinsamen Antrag für eine große Halle stark gemacht und sie letztlich durchgesetzt hatten, stehen weiter zu der Entscheidung. Es gibt aber auch andere Stimmen aus dem Gremium. Und der Oberbürgermeister Christof Bolay macht aus seinem Ärger über die Vorgehensweise des Vereins keinen Hehl.

„Manche Dinge merke ich mir“

Der Rathauschef zieht ein ernüchterndes Fazit: „Wir bauen eine erstklassige Halle, die Kommunikation des Vereins ist allenfalls drittklassig.“ Die Stadtverwaltung habe in Sachen Hallenneubau stets mit offenen Karten gespielt, „die Verantwortlichen des Vereins müssen sich fragen, ob sie das auch getan haben“, sagt Bolay und führt als Beispiel eine vom TVN noch im vergangenen Dezember vorgelegte Studie an, die hervorhebt, wie erheblich die Stadt vom Handball-Erstligisten „Schwaben Hornets“ profitiere. Es helfe in seinem Beruf, wenn man nicht nachtragend sei, sagt Bolay, „aber manche Dinge merke ich mir“.

Der TVN-Geschäftsführer Tobias Schramek ist der Ansicht, „wir müssen kein schlechtes Gewissen haben“. Die Halle werde schließlich langfristig und perspektivisch geplant. Die wirtschaftlichen und damit auch sportlichen Probleme des Bundesligateams hätten sich zwar in den vergangenen Monaten „abgezeichnet“, sagt Schramek, aber erst in den vergangenen beiden Wochen seien sie „akut“ geworden. „Wir haben nicht taktiert, das müssen Sie uns glauben“, sagt Schramek. Schließlich brauche die Stadt Ostfildern eine zeitgemäße Halle in dieser Größenordnung – „unabhängig von den Handballerinnen“.

Die Verwaltung will das Thema Sporthallenneubau trotz der veränderten Rahmenbedingungen „nicht mehr hochziehen“, versichert der Verwaltungschef Christof Bolay. Es sei denn, es müsse über einen entsprechenden Antrag aus dem Gemeinderat entschieden werden. Seitens der drei Fraktionen Freie Wähler, CDU und SPD wird das nicht der Fall sein. Theo Hartmann, der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, betont, die Halle werde „nicht für die Hornets gebaut“, sondern in erster Linie für die Schulen und Vereine. Das sieht auch Werner Schmidt so, sein Pendant bei der SPD. Es gebe für ihn „keinen Grund, jetzt rückwärts zu fahren“. Ostfildern brauche eine Halle dieser Größe und mit dieser Ausstattung: „So ist es beschlossen, so gilt’s.“ Axel Deutsch von der CDU empfindet den Zeitpunkt der Rückzugsentscheidung bei den Hornets zumindest als „merkwürdig“. Aber er glaubt nicht, dass „uns eine Verkündung vor der Gemeinderatssitzung beeinflusst hätte“.

Entscheidung mit „Blick auf Bundesligatauglichkeit“

Margarete Schick-Häberle, die Chefin der Grünen, will mit ihren Fraktionskollegen diskutieren, „ob wir möglicherweise einen Antrag stellen, noch einmal darüber zu beraten“. Wenngleich sie nicht für eine kleinere Hallenlösung plädiere. Aber die zusätzlichen 200 Stehplätze stünden ihrer Ansicht nach „zur Disposition“. Mit diesen sei man den Bedürfnissen des Bundesligisten entgegengekommen, und die Hallenentscheidung im Gremium sei schon auch „mit Blick auf die Bundesligatauglichkeit“ getroffen worden.

Ihr Fraktionskollege Jürgen Beck-Bazlen hat gegen die Halle in dieser Größenordnung gestimmt. Schließlich komme diese die Stadt nach seiner Rechnung rund sechs Millionen Euro teurer als eine 450 Zuschauer fassende Halle, die für die Schulen und Vereine ausreichend sei. Es spreche viel dafür, die Entscheidung „nochmal infrage zu stellen“.