Aiman O. (Mitte) mit seinen Anwälten Foto: dpa

Ein Arzt aus Göttingen soll medizinische Daten manipuliert haben, um seine Patienten bei der Vergabe von Spenderlebern zu bevorzugen. Nun wurde der Mann freigesprochen. Das Gericht sah die Vorwürfe als nicht erwiesen an.

Göttingen - Mit einem Freispruch für den angeklagten Arzt ist der Prozess um Manipulationen bei Organverpflanzungen an der Göttinger Uniklinik zu Ende gegangen. Das Landgericht Göttingen urteilte am Mittwoch, die strafrechtlichen Vorwürfe gegen den angeklagten Chirurgen seien nicht bewiesen worden.

Die Staatsanwaltschaft kündigte Rechtsmittel gegen das Urteil an. Sie hatte für den Chirurgen acht Jahre Haft und ein lebenslanges Berufsverbot gefordert.Der Arzt hatte aus Sicht der Anklage Daten manipuliert, damit seine Patienten bei der Vergabe von Spenderlebern bevorzugt wurden.

Mit ihrer Anklage hatte die Staatsanwaltschaft juristisches Neuland betreten und das als versuchten Totschlag gewertet: Durch die Manipulationen hätten andere schwer kranke Patienten kein Organ erhalten und seien deshalb möglicherweise gestorben.

Das Gericht folgte dagegen am Mittwoch der Sicht der Verteidigung, die auf Freispruch plädiert hatte. Der Angeklagte reagierte auf das Urteil mit sichtlicher Erleichterung.

Verstöße zur Tatzeit nicht strafbar

Der Vorsitzende Richter Ralf Günther sagte in seiner Urteilsbegründung, der Arzt habe zwar gegen Richtlinien der Bundesärztekammer verstoßen. Es habe Manipulationen gegeben, die nach moralischen Wertvorstellungen auch zu missbilligen seien. Diese Verstöße seien zur Tatzeit aber nicht strafbar gewesen, urteilte der Richter.

Die Staatsanwaltschaft hatte dem Arzt außerdem vorgehalten, er habe drei Patienten neue Lebern eingepflanzt, obwohl sie nicht richtig aufgeklärt und die Transplantation medizinisch nicht erforderlich gewesen seien. Auch diese Vorwürfe sah das Gericht als widerlegt an. Beobachter gehen davon aus, dass die Staatsanwaltschaft das Urteil anfechten wird.

Seit August 2013 war in Göttingen an mehr als 60 Tagen gegen den Transplantations-Chirurgen verhandelt worden, dabei waren gut 100 Zeugen und neun Sachverständige zum Teil mehrfach vernommen worden. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe im Jahr 2012 war in Deutschland die Zahl der Organspenden deutlich gesunken.