Gesundheitsminister Daniel Bahr Foto: dapd

Der Gesundheitsminister will die Organspende-Frage an die Gesundheitskarte koppeln.

Berlin - In die Bemühungen um mehr Organspenden in Deutschland kommt nach langem Stillstand wieder Bewegung. Das Bundesgesundheitsministerium will bis zum kommenden Frühjahr eine gesetzliche Regelung unter Dach und Fach bringen, bei der niemand zur Organspende gezwungen wird. Jeder soll aber die Möglichkeit haben, sich frei zu entscheiden und zu erklären - zustimmend oder ablehnend.

Um mehr Menschen als bisher nach ihrem Tod als Organspender zu gewinnen, will Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) alle Krankenversicherten über ihre Kasse nach ihrer Spendebereitschaft befragen lassen. „Jeder soll zumindest einmal im Leben mit dieser Frage konfrontiert werden“, sagte eine Ministeriumssprecherin. Jeder sei in seiner Entscheidung aber frei. Wer auf die Hinweise und Informationen nicht reagiere, solle nicht belangt werden.

Organspende für Bahr "Herzensanliegen"

Gesundheitsminister Bahr, dessen Vorstoß sich an eine fraktionsübergreifende Initiative aus dem Jahr 1997 anlehnt, sprach von einem „Herzensanliegen“. Er forderte die Krankenkassen auf, ihre Mitglieder offensiv über Organspenden zu informieren. So könnte etwa bei der Ausstellung einer Versichertenkarte ein Antrag für einen Organspendeausweis mitverschickt werden. „Jeder, der einen Ausweis hat, ist ein Lebensretter“, sagte Bahr. Wichtig sei, dass niemand zu einer Entscheidung gedrängt werde. „Das ist eine so sensible Frage, da darf es zu keinem Zwang kommen.“

Von rund 12.000 Patienten, die auf ein Spenderorgan warten, sterben jährlich etwa 3000. Seit Jahren hat sich allerdings an der unbefriedigenden Situation nichts Entscheidendes geändert: Gab es 2001 nur 1073 Menschen, die nach ihrem Tod Organe spendeten, so waren es im vergangenen Jahr immerhin 1296. Am häufigsten wurden Nieren (2250 mal) und Lebern (1114 mal) nach Angaben der Deutschen Stiftung Organspende verpflanzt.

Eine Ministeriumssprecherin hatte zuvor einen entsprechenden Bericht der „Frankfurter Rundschau“ bestätigt. Nach den Plänen sollen die gesetzlichen Krankenkassen verpflichtet werden, alle Versicherten über 16 Jahren bei der bevorstehenden Ausgabe der elektronischen Gesundheitskarte über die Organspende zu informieren und zu einer Erklärung über die Spendebereitschaft aufzufordern.

Die Privatkassen, die sich an der Ausgabe der Gesundheitskarte nicht beteiligen, sollen ihre Versicherten ebenfalls informieren müssen, geht aus dem Vorschlag des Ministers für eine Änderung des Transplantationsgesetzes hervor. Er lag der Deutschen Presse-Agentur am Montag vor.

Nach den Vorstellungen des Gesundheitsministeriums könnte die Bereitschaft zur Organspende auch auf der neuen Elektronischen Gesundheitskarte gespeichert werden. Dies sei eine rein freiwillige Option, sagte die Sprecherin. Klar sei aber, dass Privatkassen davon unabhängig ihre Versicherten über einen Organspenderausweis informieren müssten. „Die neue Gesundheitskarte ist ja nicht der einzige Weg zur Befragung der Mitglieder.“

Kankenkassen signalisieren Zustimmung

Bei den gesetzlichen Krankenkassen stießen die Überlegungen Bahrs grundsätzlich auf Zustimmung. Man werde die rund 70 Millionen Versicherten auf Grundlage des Gesetzes wie gewünscht über die Möglichkeiten der Organspende informieren, zum Beispiel auch über Mitgliederzeitschriften, sagte Florian Lanz, der Sprecher des Kassen-Spitzenverbandes. Da kommende Woche die Ausgabe der ersten Elektronischen Gesundheitskarten beginne, ließen sich auf diesem Wege aber nicht alle Versicherten erreichen, gab er zu bedenken.

Der Privatkassenverband PKV betrachtet den Vorschlag Bahrs „mit großem Interesse“. Um ihn praktikabel umzusetzen, müsse er aber noch solide fachlich geprüft werden, sagte PKV-Sprecher Stefan Reker. Die Privatkassen engagierten sich schon seit langem für die Förderung der Organspendebereitschaft.