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Die Bilanz unseres Olympia-Reporters ist persönlich und nicht unbedingt ernst zu nehmen.

Vancouver - Die Spiele von Vancouver und Whistler sind zu Ende gegangen. Wir haben uns aber schon seit Mitte vergangener Woche folgende Gedanken gemacht: Woran merkt man eigentlich, dass es genug ist. Wir haben uns lange mit diesen Gedanken beschäftigt. Und es war wie mit den Spielen selbst: Erst am Wochenende gab es ein Zeichen. Aber ein deutliches. Wir befanden uns im Pressezentrum, uns gegenüber saß der Kollege C., und an den Fernsehern lief Curling.

Das allein war ja schon bedenklich, dann aber hob C. den Kopf, machte ein ernstes Gesicht - und erklärte: "Die Schweden machen jetzt den Curling-Catenaccio." Wir haben den Kollegen dann mitleidig angesehen, ihm freundlich auf die Schulter geklopft und ihm empfohlen, er solle schnellstmöglich mal wieder ein Fußballspiel ansehen. Aber C. wollte davon nichts wissen und faselte irgendwas vom "Bob-Thriller" am Nachmittag. Wenig später war er dann verschwunden - und wir wieder allein mit unseren Gedanken.

Und wir mussten erkennen, dass es eine verdammt harte Zeit war in Whistler.

Vor allem natürlich deshalb, weil du hier quasi alle vier Meter Menschen mit Skiern auf der Schulter begegnest, weil die Gondel ins größte Skigebiet Nordamerikas zu Fuß gerade einmal drei Minuten weg ist, und weil das ja doch alles nichts hilft. Denn wir waren ja nicht auf Urlaub hier.

Uns ging es ja mehr um Curling-Catenaccio und Bob-Thriller. Oder um den Schneeleopard, Speedy Gonzalez oder Couscous Rocket. Kennen Sie alles nicht? Egal. Jetzt ist es ja eh vorbei. Jetzt geht es wieder nach Hause - und uns wird auch einiges fehlen. Vor allem der Nervenkitzel.

Nicht unbedingt bei den Wettkämpfen, an diese Art der nervlichen Belastung sind wir mittlerweile ja gewöhnt. Sondern bei den Einlasskontrollen zu den Wettkampfstätten. Es gab da eine Art Zufallsgenerator, der entschied: Freier Zutritt oder Leibesvisitation. Der Zufall meinte es nicht gut mit uns. Das Glück dagegen schon.

Es ist ja nicht so, dass wir uns an sportlichen Betätigungen an sich nicht erfreuen könnten. Aber eines wollen wir an dieser Stelle schon mal festhalten: Deutschland hat zehn Goldmedaillen gewonnen - wir waren achtmal dabei. Und liegen damit im Medaillenspiegel dermaßen weit vor der mit uns angereisten Kollegin P., dass wir zwischendurch die Sorge hatten, sie würde aus Verzweiflung irgendwo zwischen Vancouver und Vancouver Island einen auf verschollen machen.

Aber nicht, dass Sie nun denken, wir hätten ihr keine Chance gegeben. Sie war beim Eisschnelllauf mit Jenny Wolf - und wurde nur Zweite. Sie war beim Eiskunstlauf mit Aljona Sawtschenko und Robin Szolkowy - und wurde nur Dritte. Wir haben ihr gesagt, geh mal zum Super-G mit Maria Riesch - sie wurde Achte. Und dann war sie noch bei Amelie Kober - und die ist jetzt schwanger. Aber gut: Damit hat P. nichts zu tun.

Mit unserer einzigen echten Niederlage bei diesen Spielen übrigens auch nicht. Drei Millionen Paar dieser roten Woll-Fäustlinge sind hier ja mittlerweile unter die Leute gebracht worden. Die Dinger sind Kult - und ständig ausverkauft. Wir hatten am ersten Tag die Chance auf eine ganze Tüte voller red mittens. Aber wir dachten, das reicht auch noch später - und haben versagt. Denn später gab es nur noch Kindergrößen.

Wir kommen dennoch nicht mit leeren Händen nach Hause. Und die Kollegin P. übrigens auch nicht.

Am Samstag war sie noch beim Eisschnelllauf - und holte Gold.