Daniel Bohnacker (Zweiter von links) beim Skicross, dem Duell Mann gegen Mann auf Skiern. Foto: dpa

Skicross ist kein Vergnügen für besorgte Mütter – Doris Bohnacker schaut dennoch zu, wenn ihr Sohn Daniel bei Olympia in Sotschi um eine Medaille kämpft.

Skicross ist kein Vergnügen für besorgte Mütter – Doris Bohnacker schaut dennoch zu, wenn ihr Sohn Daniel bei Olympia in Sotschi um eine Medaille kämpft.

Sotschi - So ganz klar war ihr ja nicht gewesen, was ihren Sohn erwartet, als sich Doris Bohnacker vor einigen Jahren mit der Familie auf dem Weg vom heimischen Westerheim nach Grasgehren machte. Ihr Sohn hatte sich in den Jahren zuvor bereits als alpiner Skirennläufer versucht, er hatte Talent, aber so richtig vorwärts ging es irgendwann nicht mehr. Da hatte der Vater eine Idee: Skicross.

Auf der Fahrt war also noch alles in Ordnung für Doris Bohnacker, „ich wusste ja gar nicht genau, um was es beim Skicross geht, erinnert sie sich. Wenig später wusste sie es – und machte sich ernsthaft Sorgen. Steilwandkurven, Sprünge, dazu der Kampf Mann gegen Mann, ein vermeintlich unkalkulierbares Risiko. Doris Bohnacker dachte: „Mein Mann muss verrückt sein.“ Aber mit dem richtigen Näschen ausgestattet.

Denn so gefährlich die Sache damals aussah, ihr Sohn fand darin genau das, was er mittlerweile so gut beherrscht wie nur wenige andere auf der Welt – und startet an diesem Donnerstag (10.30 Uhr/ARD) erstmals bei Olympia. „Im Idealfall“, sagt Daniel Bohnacker, „sind es vier Läufe bis zur Medaille.“ Im schlechtesten Fall ist das Abenteuer vorbei, bevor es richtig begonnen hat.

So ist das im Skicross, wo auf dem Kurs und im Kampf Mann gegen Mann nicht immer nur das eigene Können. Deshalb sagt Daniel Bohnacker auch: „Es kann bis zum Schluss alles passieren.“ Genau darauf ist er vorbereitet.

Vier deutsche Skicrosser gehen am Donnerstag an den Start, in der Vorbereitung haben sie alle viel Wert auf das Athletiktraining gelegt, die Muskulatur des Oberkörpers sollte mehr und mehr aufgebaut werden. Um sich im Rennen mit einem kraftvollen Start gleich in eine gute Position bringen zu können, aber auch, um Attacken der Konkurrenz im Vierkampf auf der Piste abwehren zu können. „Es gibt keine Rowdies, alle fahren mit Hirn“, sagt Bohnacker, erklärt aber: „Man kann nicht immer nur zurückziehen und darf sich schon bemerkbar machen.“ Im Rahmen des Erlaubten.

Vor vier Jahren feierte Skicross in Vancouver olympische Premiere. Und was dort zu sehen gewesen war, war einerseits spektakulär und publikumswirksam, andererseits gab es auch fürchterliche Stürze. „Wegen Olympia haben da sicher einige noch eine Schippe draufgelegt“, sagt Daniel Bohnacker, der die Rennen damals vor dem Fernseher verfolgt hat. Seitdem habe sich aber einiges verändert. „Mittlerweile haben alle mehr Erfahrung, es gibt nicht mehr so viele heiße Manöver“, findet der junge Mann von der Schwäbischen Alb, der an diesem Freitag 24 Jahre alt wird. Seine Mutter beruhigt das nur bedingt.

Zwar sagt sie: „Wenn Daniel fährt kann ich nicht wegschauen.“ So richtig gut fühlt sie sich beim Hinsehen aber auch nicht: „Ich bin dann immer furchtbar nervös, obwohl ich weiß, dass er es kann.“ Weil eben auch unverschuldet Unfälle passieren. Vor zwei Jahren gab es sogar einen Todesfall. Der hatte zwar nicht in einem Zweikampf unter den Rennläufern seine Ursache, die Sicherheitslage wurde danach dennoch weiter verbessert. Auch dank Daniel Bohnacker, der als deutscher Vertreter zum Kreis der Athletensprecher gehört. Und kopflos ins Rennen stürzt er sich sowieso nicht – das würde auch gar nicht zu ihm passen.

Denn auch außerhalb des Sports geht Daniel Bohnacker seinen Weg wohlüberlegt. Ein Jahr lang hat er sich nach dem Abitur nur auf den Sport konzentriert, „danach gab es von uns die klare Vorgabe, dass er sich was sucht“, erinnert sich Mutter Doris. Mittlerweile hat ihr Sohn sein Studium der Wirtschaftsinformatik abgeschlossen, umso stolzer sind die Eltern, dass er parallel die sportliche Karriere vorangetrieben hat und nun bei den Winterspielen am Start steht. „Das“, sagt Doris Bohnacker, die in Daniels Jugendzeit viel als Fahrservice zu den verschiedenen Trainingsmaßnahmen eingespannt war, „ist auch ein bisschen der Lohn für den Aufwand der vergangenen Jahre.“

Der an diesem Donnerstag womöglich noch ein bisschen aufgestockt wird.