Holten Biathlon-Bronze: Erik Lesser, Benedikt Doll, Arnd Peiffer und Simon SchemppSchlussläufer Simon Schempp rettet Staffel-Bronze. Foto: AFP

Die Deutschen Biathleten retten in der Staffel trotz schwacher Schießleistung Platz drei. Doch wie geht es weiter? Und hört Olympiasiegerin Laura Dahlmeier auf?

Pyeongchang - Die Szene des Rennens spielte sich nicht auf der Strecke ab, im Rampenlicht, sondern hinter der Baracke, in der sich die Biathleten während des Staffelrennens umzogen. Im Schatten. Als Arnd Peiffer, der dritte deutsche Läufer, auf seinen Skiern in die mit Zäunen abgegrenzte Zone einbog, wartete dort schon Benedikt Doll. Er umarmte seinen Mannschaftskollegen, klopfte ihm heftig auf die Schulter.

Peiffer hatte eine fehlerlose Leistung gezeigt, das deutsche Quartett bis auf 13 Sekunden an die führenden Schweden und Norweger herangeführt. Und nach hinten ein so großes Loch gerissen, dass klar war: Diesen Vorsprung wird Simon Schempp verteidigen, eine Medaille ist sicher. Am Ende wurde es Bronze.

Alle waren zufrieden

Doll war deshalb so froh, weil er sonst derjenige gewesen wäre, der es vermasselt hat. Zwei Strafrunden leistete er sich im stehenden Anschlag trotz der drei Nachladepatronen, aus einer Führung mit 40 Sekunden Vorsprung, die der famose Startläufer Erik Lesser herausgearbeitet hatte, wurde ein Rückstand von 40 Sekunden. „Das war ein Wechselbad der Gefühle“, meinte Lesser. „Von der Gold- bis zur Holzmedaille war alles möglich.“ Schempp ging ein hohes Risiko, lief sehr schnell an. Und büßte dafür am Schießstand. Auch er musste in die Strafrunde. Am Ende lagen die vier Deutschen 2:07 Minuten hinter den Schweden, deren Schlussläufer Fredrik Lindström den Norweger Emil Hegle Svendsen um fast eine Minute distanzierte.

Zufrieden waren trotzdem alle. Erik Lesser, der im letzten olympischen Wettbewerb die ersehnte Medaille gewonnen hatte. Benedikt Doll, weil sein Patzer ohne schlimmere Folgen blieb. Arnd Peiffer darüber, dass er nach seinem Aussetzer in der Mixed-Staffel wieder zu starker Form gefunden hatte. Und Simon Schempp, dass er auf Platz drei gelaufen war. „Bei mir hat es nicht hundertprozentig hingehauen“, sagte der Uhinger. „Hauptsache Medaille.“ Und: schön, dass es vorbei ist.

Wird einer der Etablierten seine Karriere beenden?

Die Biathleten sind die olympischen Dauerläufer. Elf Rennen gab es in Pyeongchang (mit sieben deutschen Medaillen), Arnd Peiffer, Erik Lesser und Laura Dahlmeier standen je sechsmal am Start. Ein körperliches Problem ist das nicht, anstrengend aber schon. „Ich bin ein alter Diesel, halte so eine Belastung aus“, sagte Peiffer. „Aber am Ende wird es schon zäh.“ Auch, weil die Abwechslung fehlt. Die Biathleten hatten keine Chance, mal rauszukommen, eine andere Sportart zu besuchen. Sie lebten in ihrer eigenen olympischen Welt. Weshalb Peiffer meinte: „Es ist schön, wieder nach Hause zu kommen.“

Lange werden die Biathleten dort nicht sein, es gibt in diesem Winter noch drei Weltcup-Veranstaltungen. Und eine offene Frage: Wird jemand der Etablierten anschließend seine Karriere beenden? Der Superstar der Szene erwägt dies zumindest. Doppel-Olympiasiegerin Laura Dahlmeier (24), die mit dem Rummel um ihre Person wenig anfangen kann, erklärte: „Alles ist möglich. Bislang war die Zeit zu kurz, um darüber genau nachzudenken. Aber in Korea war es schon sehr anstrengend.“ Auch Doppel-Olympiasiegerin Magdalena Neuner, Dahlmeiers Vorgängerin als Gesicht des Biathlons, hatte ihre Karriere 2012 früh beendet. Mit 25 Jahren.

Hört Laura Dahlmeier auf?

Ein Abschied von Dahlmeier würde das deutsche Frauen-Team hart treffen. Sie ist die Einzige, die regelmäßig Rennen gewinnt, die Bilanz bei einer Großveranstaltung im Alleingang retten kann. Nur sie holte in Pyeongchang Medaillen. Bei den Männern ist die Last auf mehrere Schultern verteilt, und das wird auch so bleiben.

Zumindest ein Jahr. „Nach dieser Saison möchte ich noch nicht aufhören“, sagte Sprint-Olympiasieger Arnd Peiffer (30), „alles andere ist offen. Ich glaube nicht, dass ich 2022 in Peking noch dabei sein werde.“ Auch Simon Schempp (29/Silber im Einzel), Benedikt Doll (27/Bronze in der Verfolgung) und Erik Lesser (29) bleiben in der Spur – weshalb Bundestrainer Mark Kirchner weiter auf ein starkes Quartett bauen kann. Wer danach kommt?

Wer kommt nach?

Johannes Kühn (26) und Roman Rees (24), die ihr Potenzial im Weltcup schon gezeigt haben. Zudem gibt es einige Talente, die in nächster Zeit herangeführt werden sollen. Ohne aber gleich zu viel von ihnen zu erwarten. „Es ist nicht möglich, im Weltcup auf Anhieb voll einzuschlagen“, erklärte Peiffer, „doch es passiert was. Bei den Sommerlehrgängen waren einige junge Sportler dabei, das ist die richtige Herangehensweise. Ich mache mir keine Sorgen um die Zukunft des deutschen Biathlons.“