Werden wohl keine Freunde mehr: seit Jahren bekriegen sich der Comedian Oliver Pocher (links) und der Ex-Tennisprofi Boris Becker (auf dem Foto 2013 gemeinsam in der TV-Show „Alle auf den Kleinen“) wie die Kleinkinder in den Sozialen Medien. Foto: dpa

Wie im Kindergarten: der seit Jahren schwelende Streit zwischen dem Comedian Oliver Pocher und der Tennislegende Boris Becker eskaliert in den sozialen Medien. Verletzte Eitelkeit oder einfach nur Bosheit?

Stuttgart - Pi mal Daumen 200 Zeitungszeilen lang ist die „Abrechnung“ von Oliver Pocher mit seinem Erzrivalen Boris Becker. Auf Facebook diffamierte und beleidigte der 40-Jährige den 50-Jährigen unlängst, dass es nur so empörte Kommentare hagelte. Die Solidarität mit Boris Becker scheint einhellig zu sein. Eine Userin schrieb: „Der ehrlichste Satz des nach Aufmerksamkeit japsenden Pocher: ‚Du denkst immer noch ALLES dreht sich um Dich’. Nimm ihn Dir zu Herzen, Pochi. Du nervst!“

„Die sind halt sehr impulsiv“

Aber von Anfang an. Nach der Trennung von Boris und Lilly Becker hatte es Oliver Pocher zunächst mit einem mehr oder weniger diplomatischen Kommentar innerhalb eines RTL-Interviews versucht: „Die sind halt sehr impulsiv.“ Dabei konnte es der Chefzyniker aber offenbar nicht bewenden lassen. Auf Instagram postete er ein Bild von Becker vor dem Eiffelturm mit dem Kommentar „Stadt der (Ex-)Liebe“. Daneben stellte er ein Bild von sich selbst, auf dem er die Pose Beckers nachahmt. Mit der Stichelei hat er sich unter seinen Followern keine Freunde gemacht. „Hast du nichts besseres zu tun, als dich an Boris abzuarbeiten? Das ist ja schon pathologisch“, lautete nur einer der zahlreichen abfälligen Kommentare gegenüber Pocher.

Auch Boris Becker hielt sich nicht zurück – was vielleicht besser gewesen wäre –, sondern haute verbal zurück. Via Twitter (Becker hat rund 750 000 Follower) setzte er zunächst einen herben Tweet ab: „Schwierige Kindheit, Jehovas, kleinwüchsig, arbeitslos, eigene Kinder in Amerika, kämpft vor deutschen Gerichten um weniger Unterhaltszahlungen, leere Hallen ... echt dumm gelaufen“, schrieb er, ohne den Namen Pochers zu nennen. Inzwischen hat Becker den Tweet wieder gelöscht. Später maulte er: „Halte einfach deine Klappe und kümmere dich um deine eigene Familiengeschichte“.

Ein herablassender Rundumschlag auf Facebook

Da Klappe halten aber nun einmal so gar nicht zu Pochers hervorstechenden Charakterzügen zählt, riss er ebendiese erst recht auf. In einem Rundumschlag äußerte er sich herablassend zu Boris Beckers Familiensituation, seiner Finanzlage, seiner Art, sich in der Öffentlichkeit zu präsentieren, kam dabei von Hölzchen auf Stöckchen, verlor sich in Details zu seinem eigenen Privatleben und wusste wohl selbst nicht so genau, wie er seinem Ärger strukturiert Luft machen soll. Ein Auszug aus dem Facebook-Posts:

„Lieber Boris,

da ich ja in meinem aktuellen Soloprogramm „Aus dem Leben einer #SocialMediaBitch“ mich mit dem Leben Prominenter und weniger Prominenter im Internet befasse, werde ich noch einmal ein paar Fakten Dir in Erinnerung rufen. Vielen Dank nochmals für die Erinnerung an meine Familiensituation... ja, das mit der Ex-Verlobten von Dir hast Du wesentlich früher beendet, als ich. (...)

Punkt für Dich. Aber tendenziell bist Du doch derjenige, der Grundsätzlich IMMER die Öffentlichkeit sucht und alles mit seinen „Fans“ im Social Media teilt und dann sich wundert, warum es auch mal negative Stimmen gibt.“ (...)

Mach Dir keine Sorgen, Du wirst auch nie wieder das Geld verdienen, welches Du anderen schuldest. Soviele Tschechische Casinos gibt’s nicht. Auch dein Diplomaten-Spielzeug-Pass von einem der korruptesten Staaten Afrikas und ein Wohnsitz in Belgien können Dir da nicht helfen.“

Verletzte Eitelkeit oder einfach nur Bosheit?

Das klingt alles verdächtig nach verletzter Eitelkeit. Oder ist es schlicht und einfach Bosheit, die Pocher umtreibt? Werfen wir einen Blick zurück in die Anfänge der Pocher-Becker-Fehde: der Streit geht zurück auf das Jahr 2008, als sich Becker mit Sandy Meyer-Wölden (35) verlobte. Pocher spottete in der Sendung „Schmidt & Pocher“ mit Harald Schmidt: „Für Sandy trifft die Redensart zu: Zu jung zum Sterben, zu alt für Lothar Matthäus.“ Nach 83 Tagen war schon wieder Schluss bei Sandy und Boris. Er kehrte zu seiner Freundin Lilly Kerssenberg (41) zurück, die er schließlich heiratete.

Was für ein Zufall: einen Tag vor Beckers Hochzeit 2009 ließ seine Ex-Verlobte Meyer-Wölden die Medien wissen, dass sie und Oliver Pocher zusammen seien. Dann bekamen beide Paare auch noch fast zeitgleich 2010 ihre ersten Kinder, woraufhin Becker seinem Rivalen und seiner Ex mit einem nett gemeinten Videogruß gratulierte. Pocher hatte wieder einmal nichts besseres zu tun, als sich in seiner Sendung über das Video lustig zu machen und es mit Meyer-Wölden nachzustellen.

Richtig los ging der Streit im Jahr 2013

Zum ersten Mal eskalierte der Streit 2013, als Boris Becker seine Autobiografie „Das Leben ist kein Spiel“ veröffentlichte. Darin rechnete er mit seiner Ex-Verlobten ab. Meyer-Wölden habe nur das Rampenlicht geliebt und ihn lediglich ausgenutzt. Vorwürfe, die Oliver Pocher nicht so stehen lassen wollte, auch wenn er da schon längst von ihr getrennt war. In einer Reihe hämischer Tweets lieferten sich Becker und Pocher einen Kindergartenstreit, der mit der Aufforderung des Comedians endete, sich „gerne mal 1:1 auszutauschen, wenn Du Dich traust.“ Becker traute sich und so kam es 2013 bei RTL zum Ringkampf. In der Sendung „Alle auf den Kleinen“ traten Becker und Pocher über zwölf Runden in albernen Spielen gegeneinander an. In der Pro-Sieben-Show „Global Gladiators“ übertrug sich 2017 der Kleinkrieg dann auf Lilly Becker und Pocher. Dort gerieten sie Woche für Woche aneinander. „Du musst mal kapieren, dass du für mich nicht lustig bist“, warf die 41-Jährige Pocher zum Beispiel an den Kopf. Der Meinung haben sich inzwischen sehr viele Menschen angeschlossen.

Kommentar: Billiger Zynismus – die Öffentlichkeit schlägt sich auf Beckers Seite

Jahrelang wurde Boris Becker für sein Verhalten in der Öffentlichkeit belächelt. Wie er sein Privatleben in den Medien ausbreitete, wie er sich zu alles und jedem im Netz äußerte, um im Gespräch zu bleiben – aus einem einst angesehen Profi-Sportler wurde zeitweise eine Witzfigur des Boulevards. Mit der Eskalation des lächerlichen Streits zwischen Oliver Pocher und Boris Becker wendet sich das Blatt und die Internetgemeinde schlägt sich solidarisch auf seine Seite.

Pochers Niveau ist billig

Das ist insofern interessant, weil Pocher nichts anderes macht als das, was die Öffentlichkeit jahrelang mit Becker gemacht hat: er macht sich über ihn lustig. Er tut das allerdings auf eine derart unterirdische Weise, dass man sich fragen muss, was einen Menschen bloß so ruiniert hat. Zynismus ist das Werkzeug von vielen Comedians. Pochers Niveau ist aber so billig, dass man ihm wünschen würde, er hätte etwas Anständiges gelernt. Für den Erfolg auf der Bühne reicht es wohl nicht mehr, also spottet er eben im Netz herum. Wenigstens demontiert er sich dabei selbst.

Simone Höhn