Ein Flixbus fährt los – das Unternehmen nimmt aber nicht jeden mit Foto: dpa

Reisen mit Flixbus ist günstig – aber nur wenn man auch einen gültigen Ausweis dabei hat. Die 17jährige Tochter unseres Autors ist vor wenigen Tagen in Wien gestrandet und musste mit der Bahn heim fahren. Ihr Vater erzählt.

Stuttgart/Wien - Meine Tochter (17) ist keine Mimose, die hält was aus. Zum Beispiel hat sie vor zwei Jahren einen zehnmonatigen Aufenthalt bei einer furchtbar frömmelnden und bigotten Gastfamilie in Texas durchgestanden. Die Firma Flixbus hat es allerdings kürzlich geschafft, meine Tochter zum Weinen zu bringen. Und das kam so.

In Texas befreundete sich meine Tochter mit einem Mädchen, das in seinem Leben den US-Bundesstaat noch nie verlassen hat. In den Sommerferien nun kam dieses Mädchen (18) für zwei Wochen zu uns zu Besuch. Meine Tochter wollte ihr was bieten, und so fuhren die beiden zusammen mit anderen jungen Leuten für ein paar Tage nach Wien. Dort in der Nähe (St. Pölten) fand das riesige frequency-festival statt.

Wilde Hinfahrt

Gefahren ist die Gruppe per Flixbus. Das dauert zwar lange und der Fahrer soll auf der Hinfahrt so wild herumgekurvt sein, dass regelmäßig das Zeug aus den Gepäckfächern und den Reisenden die Kinnlade runter fiel. Aber gut. Junge Leute halten das aus. Und mit Flixbus sind eben auch Reisen für junge Leute erschwinglich. Allzu viel Komfort darf man da nicht erwarten.

Alles im normalen Rahmen also – bis zum Tag der Heimkehr. Da rief mich mittags meine Tocher an und schluchzte ins Telefon. Sie stehe irgendwo in Wien und könne nicht heim nach Stuttgart. Der Flixbus-Fahrer habe vor der Abfahrt ihre amerikanische Freundin (18) aus dem Bus geworfen. Und sie sei dann natürlich mit ausgestiegen, sie könne die Freundin ja wohl schlecht in Wien alleine lassen. Die Freundin wollte auf dem Pop-Festival nicht ihren Ausweis verlieren, weil kurz danach die Rückreise in die USA anstand. Also hatte sie nur ein Foto des Ausweises auf ihrem Handy dabei. In Texas kommt man damit angeblich durch, bei Flixbus nicht.

Wenn Trump das wüsste

Mein erster Gedanke: Wenn US-Präsident Trump von dem Vorfall erfährt, wird er Sanktionen gegen Bayern verhängen; Flixbus hat seinen Firmensitz nämlich in München. Kein amerikanischer Tourist darf dann mehr ins Hofbräuhaus, da können die dicht machen.

Mein zweiter Gedanke: Das ist alles nur wegen der Merkel. Hätte die nicht die Flüchtlinge animiert, durch Europa zu ziehen und nach Deutschland zu kommen, hätten wir heute nicht wieder Grenzkontrollen und Flixbus würde/müsste nicht so rigoros handeln. Raus aus Deutschland kam die Freundin nämlich, auf der Hinfahrt nahm der Flixbus-Fahrer das mit den Ausweisen nicht so genau. Nur rein kam sie nicht mehr. Woher soll eine junge Amerikanerin wissen, dass es in Europa wieder Grenzkontrollen gibt?

Sorry, aber das waren halt die zornigen Gedanken eines Vaters, dessen Tochter in Not ist. Sie hatte nicht nur kein Gepäck mehr (dem Fahrer war es zu anstrengend, die Koffer wieder aus dem Bauch des Busses zu kramen), sondern auch nicht mehr genügend Geld, um auf anderem Weg nach Hause zu kommen. Außerdem – und das war das Allerschlimmste – hatte ihr Handy nur noch 27 Prozent Akku. Ein niedriger Akkustand ist bei jungen Menschen ähnlich problematisch wie bei älteren hoher Blutdruck. Es droht der Herzkasper.

Es lebe die Deutsche Bahn!

Ich bin dann in die Rolle des „Superdad“ geschlüpft, habe die Bahn angerufen, ob die ein Problem hätten mit einer Mitreisenden ohne gültigen Ausweis (die Antwort war Nein!), habe auf der Webseite der Bahn zwei Online-Tickets nach Stuttgart für meine Tochter gekauft und sie auf ihr Handy schicken lassen. Die Tickets waren vier Mal so teuer wie bei Flixbus (140 statt 35 Euro pro Person), aber billig ist halt nicht alles, es lebe die Deutsche Bahn! Sogar ihr Handy konnte meine Tochter im Zug aufladen.

Und Flixbus? Kriegen wir wenigstens das Geld für die Rückfahrt zurück, die ja bereits gebucht und bezahlt worden war? Und wie kann es sein, dass dasselbe Unternehmen meine Tochter samt Freundin zwar von A nach B bringt, aber nicht wieder zurück? Kann man da nicht großzügiger sein? Schließlich handelte es sich bei dem Mädchen erkennbar nicht um eine illegale Einwanderin.

Verweis auf das Kleingedruckte

Flixbus war immerhin so kulant, auf meine Beschwerde zu antworten. In einem anderen Fall, der viel eindeutiger und krasser war, ist das offenbar nicht passiert. Da hatte ein Flixbus-Fahrer eine Minderjährige an einem Nothalt an der Autobahn abgesetzt, der Vater bekam auf seine mehrfachen Beschwerden einem Bericht zufolge nicht einmal eine Antwort.

Dass ich ziemlich schnell eine Antwort bekommen habe, dürfte daran liegen, dass ich mich als Journalist bei der Pressestelle beschwert habe. Und nach mehrmaligem Hin-und-her-Mailen bot Flixbus als Entschädigung zwei Freikarten für jeweils eine Fahrt an. Ich wurde allerdings darauf hinwewiesen, dass dies kein Schuldeingeständnis sei. Laut dem Kleingedruckten aus den Geschäftsbedingungen, mit dem mich die Pressestelle zuschüttete, können die Fahrer von Flixbus nämlich gar nichts falsch machen, sondern immer nur der Kunde: Man behält sich vor, man haftet nicht für, man schließt ausdrücklich aus . . .

Druck von den Behörden

Und was lernen wir daraus? Angesichts der nach wie vor ungeordneten Flüchtlingssituation sollte man auch bei Reisen ins EU-Ausland immer einen Personalausweis dabei haben. Sonst könnte es eine Reise ohne Wiederkehr werden. „Unser Unternehmen wurde regelmäßig von der Bundespolizei ermahnt, dass Fahrgäste gültige Grenzübertrittsdokumente mitzuführen haben“, sagt der Pressemann von Flixbus. Soll wohl heißen: Weil viele Flüchtlinge auch via Flixbus nach Deutschland gekommen sein sollen, gab es Druck von den Sicherheitsbehörden.

Kleiner Hoffnungsschimmer für Deutsche. Sollten sie im Urlaub ihren Ausweis verlieren, bringt sie Flixbus vielleicht doch irgendwie nach Hause. Da sollte man im Notfall dann aber dringend bei der Firma nachfragen. Ausländer wie die amerikanische Freundin meiner Tochter allerdings haben offenbar keine Chance. Das ergebe sich aus dem Aufenthaltsgesetz, so Flixbus, in dem stehe: „Ein Beförderungsunternehmer darf Ausländer nur in das Bundesgebiet befördern, wenn sie im Besitz eines erforderlichen Passes und eines erforderlichen Aufenthaltstitels sind.“