Özcan Cosars Komik basiert auf Physis und der Fähigkeit, rasch zwischen verschiedenen Charakteren zu wechseln. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Gags über deutsche und türkische Gepflogenheiten: Özcan Cosar hat am Mittwoch im ausverkauften Theaterhaussaal sein drittes Soloprogramm „Oldschool – die Zukunft kann warten“ präsentiert.

Stuttgart - In der Stuttgarter Corsobar hatte er seine ersten Auftritte. Dann spasste er auf Hochzeiten von Freunden. Schließlich schaffte er es auf die renommierte Bühne der Rosenau. Als er dort erstmals vors Publikum schritt und ein energisches „Was geht ab?!“ in die Menge brüllte, habe ihm eine frohlockende Zuschauerin restlos euphorisiert entgegengerufen: „Nix geht ab!“ Doch die Zeiten sind vorbei. Özcan Cosar hat am Mittwoch im ausverkauften Theaterhaussaal sein drittes Soloprogramm „Oldschool – die Zukunft kann warten“ präsentiert. Bis Sonntag spielt er hier, ehe seine Tour beginnt.

Mit einer respektablen Breakdance-Einlage startet der 36-jährige Comedian in den Abend. „Yeah! Danke schön! Glaub, das war’s jetzt auch!“ keucht Cosar während des Applauses und schleppt sich hinüber zum Stehtisch, wo ihn gleich fünf Wasserflaschen erwarten. Der Mann in schwarzem Shirt, schwarzer Hose und weißen Turnschuhen hat offensichtlich viel vor.

Das Künftige interessiere ihn aber gar nicht, die Vergangenheit hingegen sehr. In „Oldschool - die Zukunft kann warten“ erinnert sich Cosar ans Aufwachsen in Stuttgart-Hausen, an die ersten Karriereschritte, an die Familiengründung. Und an seinen Vater, der den Beruf seines Sprosses noch heute mit den Worten „Arbeitsloser, der Witze erzählt“ beschreibt und Verwandten in der Türkei lieber sagt, der Junge werkele als Kfz-Mechaniker. Cosars alter Herr selbst habe eine aussichtsreiche Karriere als Sänger für die Familie aufgegeben: „Und, mein Sohn, es hat sich gelohnt: Aus deinen Schwestern ist was geworden.“

Momente nachdenklicher Stille kippen ins Absurde

Die Show ist der Retrospektive zum Trotz sehr Ethno-Comedy-lastig. Deutsche und türkische Gepflogenheit stellt Cosar immer wieder vergleichend gegenüber. Zwar macht er das brillant, weil er schlichtweg ein talentierter Komiker ist. Schwierige Aspekte meidet er allerdings: Dem Thema „Flucht“ widmet er nur einen kurzen Exkurs, der Name „Erdoğan“ fällt gar nicht.

Kurze Momente nachdenklicher Stille baut er auf, um sie mit Absurdem zu brechen: „Ich liebe meine Frau. Ich bekomme Gänsehaut, wenn ich an die Zeit denke, in der sie schwanger war. In der sie unser Leben in sich getragen hat“, konstatiert Cosar voller Bewunderung und fasst sich dann plötzlich, die ächzende Gattin gar nicht mehr so schwärmerisch imitierend, kreischend ins Kreuz. Seine Gags basieren auf Physis, auf seiner Beweglichkeit und der Fähigkeit, rasch zwischen verschiedenen Charakteren durch kleine Gesten und Stimmvariationen zu wechseln.

Eine Premiere kann jedenfalls kaum besser laufen. Als Cosar berichtet, er habe in seiner Kindheit keine Spielzeuge besessen, erschreckt ihn plötzlich ein aus der Masse auf die Bühne geworfenes Stofftier. „Darf ich das behalten oder zeigsch mich dann nachher an?“, improvisiert der Künstler. Später tauschen in der ersten Reihe zwei Gäste, die durch gut fünf Plätze voneinander getrennt sind, die Sitze. Warum, fragt Cosar. „Die Herren hinter mir lachen so laut!“, erklärt die rochierte Dame.