Bei der Einführung kostete das Marbacher Ticket 1,20 Euro, inzwischen wurde der Preis um zehn Cent angehoben. Foto: Kuhnle/Archiv

Ein spezieller Stadttarif nur für Ludwigsburg wäre zu teuer, sagt der Verkehrsverbund VVS. Stattdessen wird nun die Einführung von verbilligten Monatstickets geprüft – womit die Stadt Neuland betreten würde. Die Stadträte sind trotzdem enttäuscht.

Ludwigsburg - Der Ludwigsburger Baubürgermeister Michael Ilk hat am Montag mit Vertretern des Verkehrs- und Tarifverbunds Stuttgart (VVS) über die Einführung eines verbilligten Stadttickets verhandelt – mit negativem Ergebnis. Der VVS rät von dem Vorhaben ab, und auch Ilk scheint inzwischen kaum noch Chancen für eine Realisierung zu sehen. „Der VVS hat dargelegt, dass das Ticket zwischen zwei und zweieinhalb Millionen Euro pro Jahr kosten würde“, sagt er. Das letzte Wort habe zwar der Gemeinderat, aber angesichts dieser Summe habe er „erhebliche Probleme“, den Stadträten die Einführung des Tickets zu empfehlen.

Denn die Kosten müsste Ludwigsburg allein tragen, weil es sich dabei um Geld handelt, das dem VVS durch die Lappen gehen würde – sollten Fahrscheine in Ludwigsburg künftig billiger werden. Im gesamten Verkehrsverbund kostet ein Kurzstreckenticket derzeit 1,30 Euro, es gilt für eine Fahrt mit Bus oder Stadtbahn bis zur dritten Haltestelle nach dem Einstieg. In größeren Städten wie Ludwigsburg müssen Fahrgäste folglich meist ein reguläres Ein-Zonen-Ticket für 2,40 Euro lösen, um ans Ziel zu gelangen.

An dieser Stelle setzt das Stadtticket an, das es seit 2015 als Pilotprojekt bereits in Marbach und Herrenberg gibt. Dort können ÖPNV-Nutzer zu einem festen Preis jeden Punkt in ihrer Stadt ansteuern, in Herrenberg für 1,80 Euro, in Marbach für 1,30 Euro. „Die Erfahrungen sind sehr positiv“, erklärt das Herrenberger Rathaus. So seien im vorigen Jahr rund 15 Prozent mehr Fahrscheine verkauft worden als im Jahr zuvor, die Fahrgastzahlen seien gestiegen.

Eine Initiative hat 2000 Unterschriften für das Projekt gesammelt

Dass Ludwigsburg ebenfalls über einen Stadttarif nachdenkt, geht auf eine Initiative von Bürgern, einzelnen Politikern und Studenten zurück, die sich in einem Aktionsbündnis zusammengeschlossen haben und im vergangenen Jahr 2000 Unterschriften für das Projekt sammelten. Die Fraktionen des Gemeinderats, mit Ausnahme der Freien Wähler, forderten die Verwaltung daraufhin auf, mit dem VVS alle Möglichkeiten auszuloten. Bekannt geworden ist der Vorstoß unter dem Schlagwort Ein-Euro-Ticket, wobei der Preis nur ein Vorschlag, aber nie ein Dogma war. Der Antrag habe Sinn, sagte der Oberbürgermeister Werner Spec Ende 2016.

Von der Einschätzung ist das Rathaus inzwischen abgerückt. Die Situation in Herrenberg oder Marbach sei nicht mit Ludwigsburg zu vergleichen, sagt Ilk. Beide Kommunen seien deutlich kleiner und die finanziellen Auswirkungen dort wesentlich geringer. Tatsächlich subventioniert Herrenberg den 1,80-Euro-Tarif mit lediglich 35 000 Euro pro Jahr. Darüber hinaus warnt der VVS davor, dass ein zu günstiger Einzelfahrschein viele Wochen- und Monatstickets unattraktiv machen würde. „Wenn Menschen ihre Abos zurückgeben, erreichen wir das Gegenteil von dem, was wir eigentlich wollen“, so Ilk.

Verbilligte Monatstickets für eine einzelne Stadt – so etwas gibt es noch nicht im VVS

Aus diesem Grund wird der VVS jetzt einen anderen Ansatz prüfen: Speziell auf Ludwigsburg zugeschnittene und verbilligte Wochen- und Monatstickets – womit die Stadt dann tatsächlich Neuland betreten würde. Ein entsprechendes Konzept mit einem „attraktiven Angebot“ müsse nun ausgearbeitet werden, sagt die VVS-Sprecherin Ulrike Weißinger. Ilk hält das für eine „sympathische Variante“. Die Stoßrichtung sei zwar eine andere als beim Ein-Euro-Ticket, aber der Effekt ähnlich: Mehr Menschen nutzen Bus und Bahn.

In den kommenden Tagen wird der Bürgermeister die Stadträte über die neue Entwicklung informieren, noch vor der Sommerpause sollen Experten des VVS in den Bauausschuss geladen werden. Es dürfte eine spannende Sitzung werden.

Auf die Pläne angesprochen, sagt Hubertus von Stackelberg, der stellvertretende SPD-Chef: „Das ist das erste Mal, dass ich von so etwas höre. Und das ist nicht das, was wir wollten.“ Das Ziel aller sei gewesen, ein gutes Angebot für Kurzentschlossene zu schaffen, sodass diese spontan statt des Autos den Bus nehmen. Das werde auf diesem Weg nicht erreicht. „Ich bin ja froh, wenn sich überhaupt etwas bewegt, aber generell muss ich den Eindruck haben, dass die Verwaltung das Thema nicht mit der nötigen Dringlichkeit vorantreibt.“