Benzin und Heizöl werden künftig wieder teurer werden. Foto: dpa

Der Preisrutsch am Ölmarkt ist erst einmal zu Ende. Autofahrer und Heizölkunden müssen wieder etwas mehr zahlen. In der Branche herrscht Unsicherheit, wie es weitergeht.

Hamburg - Die allerschönsten Zeiten für die Autofahrer waren kurz und sind schon wieder vorbei. Mitte Januar waren die Benzin- und Heizölpreise auf den Stand von 2009 zurückgefallen. Ein Liter Superbenzin kostete zeitweise kaum mehr als 1,20 Euro, Diesel unter 1,10 Euro je Liter. Seit Anfang Februar sind die Preise wieder gestiegen. Für Superbenzin E10 müssen die Autofahrer wieder mehr als 1,30 Euro bezahlen und Dieselkraftstoff liegt im bundesweiten Durchschnitt bei 1,20 Euro je Liter.

Ähnlich sieht es beim Heizöl aus. Von ihrem Tiefststand von 53 Euro für 100 Liter (bei Abnahme von 3000 Litern, inkl. Mehrwertsteuer) vor vier Wochen gingen die Heizölpreise wieder rauf auf 64 Euro. Das sind allerdings immer noch fast 20 Euro weniger als vor einem Jahr.

Die beiden wichtigsten Faktoren, die in Deutschland die Endpreise für Ölprodukte bestimmen, entwickelten sich zuletzt gegen die Verbraucher. Der Preis für Rohöl der Nordsee-Sorte Brent erholte sich von seinem Tief bei 46 Dollar je Barrel (150 Liter) und strebt gegenwärtig gegen 60 Dollar. Der Preisanstieg liegt bei rund 20 Prozent. Gleichzeitig schwächelt schon seit längerem der Euro. Inzwischen ist er nur noch 1,14 Dollar wert. Vor einem halben Jahr waren es noch 1,35 Dollar. Der schwache Euro macht das in Dollar gehandelte Rohöl ebenfalls teurer. Im vergangenen Jahr hat Deutschland vom Preisverfall beim Rohöl kräftig profitiert. Bei leicht rückläufigen Importen von 89,3 Millionen Tonnen (minus 1,4 Prozent) verringerte sich die Ölrechnung um 5,8 Milliarden auf 49,6 Milliarden Euro. Das heißt: Wirtschaft und Verbraucher wurden um fast sechs Milliarden Euro entlastet.

Die spannende Frage lautet nun: Wie geht es weiter? Die Expertenwelt zeigte sich selten so verunsichert und unklar in ihren Prognosen wie in diesen Tagen. Bankanalysten, Wirtschaftsforscher und Akteure auf den Märkten sehen sowohl Gründe für steigende wie auch für fallende Preise in diesem und den nächsten Jahren. Gut möglich scheint auch ein anhaltender Seitwärtstrend in den kommenden Monaten.

Shell-Chef erwartet wachsende Nachfrage nach Öl

Shell-Chef Ben van Beurden erwartet zum Beispiel in diesem Jahr eine wachsende Nachfrage nach Öl. „Aber bei den heutigen Preisen wird das Angebot mit der Nachfrage nicht Schritt halten“, sagte er in der vergangenen Woche. Vielleicht gehe das Angebot sogar zurück. „Energieunternehmen könnten einen Teil ihrer existierenden Produktion stilllegen und neue Projekte verschieben oder ganz aufgeben.“ Andererseits: Bleibe die Ölförderung in den USA hoch und das globale Wachstum schwach, könnten die Preise für eine längere Zeit niedrig bleiben. „Der Markt wird in diesem Jahr volatil bleiben.“

Für Maria van der Hoeven, Generalsekretärin der Internationalen Energie Agentur (IEA), ist sogar eine neue Epoche auf dem Ölmarkt angebrochen. „Das Schieferöl aus den USA hat die Spielregeln verändert“, sagte sie. „Es gab noch nie eine Situation wie heute.“ Dazu gehöre, dass die US-Förderung sich künftig flexibel der Nachfrage am Ölmarkt und den schwankenden Ölpreisen anpasse. Damit würden die USA quasi die Rolle des Opec-Landes Saudi-Arabien übernehmen, das bislang als „Swing Producer“ die Preise hochhielt. Das machen die Saudis nicht mehr; nun regiert der Markt.

Bei einem Ölpreis von weniger als 70 Dollar sind nach Einschätzung von Goldman Sachs nur ein Drittel aller Investitionen in neue Öl- und Gasfelder noch profitabel. Fast eine Billion Dollar seien „Zombie-Investments“, die sich nicht rechneten. Diese Angst treibt auch die großen Ölkonzerne um, die nach heftigen Gewinneinbrüchen allesamt ihre Investitionen zurückfahren. Doch sie wissen, dass auf dem Ölmarkt ein langer Atem gefragt ist und die Nachfrage nach Öl in den nächsten beiden Jahrzehnten immer noch wachsen wird. „Shell bleibt auch 2015 ein großer Investor, mit einem starken Fokus auf den Kosten“, sagte Vorstandschef van Beurden. „Und wir werden gewiss fortfahren, in Forschung und Entwicklung zu investieren.“