Immer mehr Menschen sind von Wohnungslosigkeit betroffen – auch im Rems-Murr-Kreis. Foto: dpa

Obdachlosigkeit trifft inzwischen alle sozialen Schichten. Die Stadt Schorndorf hat ein Maßnahmenpaket für die Versorgung von Betroffenen geschnürt.

Schorndorf - Es sind immer mehr Menschen, die ohne Bleibe vor den Türen der Schorndorfer Stadtverwaltung stehen. Und es sind mittlerweile Menschen mit ganz unterschiedlichen Problemlagen: „Anders als es vor Jahren der Fall war, ist Wohnungslosigkeit kein Randgruppenphänomen mehr, es trifft alle sozialen Schichten“, berichtete Edgar Hemmerich, Schorndorfs Erster Bürgermeister, jüngst im Gemeinderat. Weil sich daraus ganz unterschiedliche Herausforderungen ergeben, hat das Gremium verschiedene Schritte beschlossen, die die Wohnungslosenversorgung verbessern sollen.

Es werden weitere Plätze benötigt

Reagieren möchte die Stadt zum einen auf die steigenden Zahlen. Bereits bis Ende Februar mussten in Schorndorf mehr obdachlose Menschen versorgt werden als im ganzen Jahr 2015, insgesamt rechnet die Verwaltung damit, dass dieses Jahr 85 Menschen hinzukommen. Schorndorf hat aktuell fünf Gebäude angemietet, die darin verfügbaren 85 Plätze sind allerdings ausgelastet. Manchmal seien zwar nicht alle Plätze vergeben, „aber wir können auch nicht einen gewalttätigen, alkoholkranken Mann zu einer jungen Mutter mit zwei Kindern stecken. Nicht jeder passt zu jedem“, erklärte Edgar Hemmerich. Eine weitere Herausforderung ist, dass die Fluktuation in den Unterkünften gesunken ist. Die Verwaltung geht davon aus, dass dieses Jahr weitere 40 Plätze benötigt werden. In zwei Gebäuden, die bisher als Gemeinschaftsunterkünfte für Flüchtlinge genutzt wurden, sollen als Zwischennutzung Quartiere für Obdachlose geschaffen werden.

Zudem soll geprüft werden, ob noch weitere Gebäude genutzt werden können. „Wir möchten diejenigen, die zu jeder Tages- und Nachtzeit vor unserer Tür stehen, möglichst schnell und sozial verträglich unterbringen können“, sagte Hemmerich. Damit dies gelingt, soll außerdem eine so genannte Notfallbörse eingerichtet werden. Mindestens monatlich wollen die betroffenen Fachbereiche der Stadtverwaltung sowie die Stadtbau-Gesellschaft zusammenkommen, um eine gute Verteilung in den Wohnungen sicherzustellen.

Kritische Lebenslagen

Weil sich nicht nur die Zahlen, sondern auch die Menschen dahinter verändert haben, soll zudem die qualitative Versorgung verbessert werden. Die bisherige Stundenzahl reicht laut der Gemeinderatsunterlagen nicht mehr aus, weil Menschen in ganz unterschiedlichen, kritischen Lebenslagen betreut werden müssen – verschuldete, arbeitslose, frisch getrennte Menschen oder ganze Familien, denen wegen Eigenbedarfs die Wohnung gekündigt wurde und die sich bei der angespannten Situation auf dem Wohnungsmarkt schwer tun, ein neues Heim zu finden.

Konkret soll die soziale Betreuung um 20 Stunden in der Woche aufgestockt werden. Die Mitarbeiter, die zum Beispiel bei Behördengängen helfen, bei Gerichtsverfahren begleiten, bei finanziellen Angelegenheiten unterstützen oder auch darauf achten, dass Körper- und Wohnhygiene stimmen, sollen im besten Fall von einem externen Dienstleister stammen.

Die Stadtverwaltung möchte zudem noch einen Schritt weiter vorne ansetzen: Es soll geprüft werden, ob sich eine prophylaktische Fachberatungsstelle realisieren lässt. Diese kann dabei helfen, eine drohende Kündigung zu verhindern. In Ludwigsburg arbeitet eine solche Fachstelle Wohnungssicherung sehr erfolgreich. In Stuttgart gibt es eine derartige Einrichtung innerhalb des Sozialamtes. Die elf Mitarbeiter konnten 2017 in 90 Prozent der Fälle eine Wohnungslosigkeit verhindern.