In der Not ist man nicht wählerisch: Ein Mensch ohne Bleibe in Stuttgart. Foto: LG/Piechowski

Menschen in Not, offenbar aus Osteuropa, werden zur Belastungsprobe für Banken in der Stadt. In der kalten Jahreszeit zieht es sie ins Warme. Das Ergebnis: Aus einer Bank wird so eine öffentliche Toilette.

Stuttgart - Die Kunden der Bank an der Querspange werden neuerdings mit dem Aroma-Öl von „Roses and Bessies“ konfrontiert. Die Rosen-Duftattacke übertüncht nun den beißenden Gestank von Hinterlassenschaften nächtlicher Besucher. Mit dem scharfen Urin-Geruch mussten nicht nur Kunden zurechtkommen, sondern auch die Bankangestellten.

Wie es heißt, nächtigen zuweilen bis zu acht Menschen in dem Vorraum der Bank. Im Schnitt sind es aber vier Obdachlose, die nun wieder Schutz vor Kälte und Nässe suchen. Und da zur späten Stunde ein automatischer Schließmechanismus in Kraft tritt, wagen es die ungebetenen Besucher offenbar nicht, dem Druck auf ihrer Blase außerhalb des Schalters nachzugeben. Die Furcht, nicht wieder in den Vorraum zurück zu kommen, scheint größer. Das Ergebnis ist bekannt: Aus einer Bank wird so eine öffentliche Toilette.

Harald Wohlmann, Leiter der Caritas-Tagesstätte für auf der Straße lebende Menschen in der Stuttgarter Olgastraße 46, kennt das Phänomen. Und es ist offenbar nicht nur auf die Filiale einer großen, deutschen Bank an der Königstraße begrenzt. „Es trifft alle in der Innenstadt“, sagt Harald Wohlmann, „und man muss sagen, dass die Banken in der Regel sehr kulant damit umgehen, weil sich die Besucher meistens an die ungeschriebenen Gesetze halten.“ Soll heißen: Sie verlassen die warme Stube lange bevor der erste Kunde erscheint. Und: Sie lassen nichts zurück.

Hoffnungen platzen schnell

Dass es in dem jüngsten Fall an der Querspange anders ist, deutet der Experte so: „Vermutlich sind es Menschen aus Osteuropa, die mit größten Hoffnungen, aber ohne Job und Bleibe kommen.“ Dann trete jedoch schnell Ernüchterung ein, dass es weder mit der Arbeit, noch mit der Wohnung so reibungslos funktioniere, wie erhofft.

In der Bank herrscht bei den Angestellten daher auch größtes Verständnis für die Notlage dieser Menschen – auch wenn die Geruchsbelästigungen zuletzt seht stark waren. Aber inzwischen wirken ja nicht nur die Rosen- und Beeren-Duftstäbchen am Schalter der Bank, sondern auch Fußstreifen, die in der Nacht an der Bank regelmäßig vorbei patrouillieren.

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