Ein 31-jähriger Nürtinger muss sich seit Montag wegen versuchten Totschlags vor dem Landgericht Stuttgart verantworten. Foto: dpa

Wegen versuchten Totschlags muss sich ein 31-Jähriger aus Nürtingen vor dem Landgericht Stuttgart verantworten. Im Zuge einer Schlägerei um eine junge Frau soll er seinem Kontrahenten ein Messer in den Bauch gerammt haben.

Nürtingen - Es kommt nicht allzu oft vor, dass eine vor Gericht verhandelte Tat durch eine Überwachungskamera aufgenommen wird. Bei einer Schlägerei zwischen einem 31-jährigen Nürtinger und seinem gleichaltrigen Kontrahenten war das Ende Dezember indes der Fall. Doch wurde die Fehde zwischen den beiden Männern, in der es um eine Frau ging, nicht allein mit Fäusten ausgetragen. Denn dem Opfer wurde im Zuge der Prügelei ein auf dem Video nicht zu erkennender wuchtiger Messerstich in den Bauch verpasst, den er nur dank einer Notoperation überlebt hat.

Laut der Staatsanwaltschaft war es der 31-Jährige auf der Anklagebank, der die Waffe gezückt und mit dieser zugestochen hat. Seit diesem Montag muss er sich vor dem Landgericht Stuttgart wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung verantworten.

Schlägerei wurde von Überwachungskamera aufgenommen

Wie die beiden Kontrahenten aufeinander einschlagen, wie sie sich rangeln und miteinander ringen, ist auf dem Video gut zu sehen. Doch die entscheidende Szene, in der dem jungen Mann das Messer in den Leib gestoßen wird, ist nicht auszumachen. Er hatte am frühen Morgen des 30. Dezember vergangenen Jahres aufgrund des stressbedingten Adrenalinausstoßes und seiner Alkoholisierung zunächst selbst nicht gespürt, dass er lebensbedrohlich verletzt worden war. Er brach erst zusammen, als er sich angesichts des mit Blaulicht anrückenden Streifenwagens davon machen wollte. Die Verletzungen waren allerdings beträchtlich. Die Klinge hatte eine Niere und das Zwerchfell verletzt sowie die Milz durchstochen. Letztere musste entfernt werden.

Auf dem von der 9. Schwurgerichtskammer auf eine Leinwand projizierten Film ist zudem eine junge Frau zu sehen, die versucht, die beiden Streithähne auseinanderzubringen. Um die 26-Jährige ging es letztlich in dem Streit. Diese war rund acht Jahre mit dem Opfer zusammen gewesen, ehe sie eine Beziehung mit dem Angeklagten einging. Auch mit diesem gab es immer wieder lautstarken Streit – so auch in jener Nacht auf offener Straße in der Nürtinger Innenstadt. Der 31-jährige Zeuge gab an, er habe es nicht mit ansehen und -hören können, wie der Angeklagte die Frau, mit der er ein sechsjähriges Kind hat, behandelt habe. Er sei daraufhin auf den Nebenbuhler, den er unter anderem für das Scheitern seiner Beziehung zu der 26-Jährigen verantwortlich macht, losgegangen, sagt er vor Gericht aus. Er leide noch heute darunter, dass sein Widersacher den Streit nicht nur mit den Fäusten, sondern auch mit dem lebensgefährlichen Messerstich ausgetragen habe – „zu 25 Prozent körperlich, zu 75 Prozent psychisch“, sagt er. Seit ihm die Milz entfernt worden sei, sei er sehr anfällig für Infektionskrankheiten, außerdem vergehe „kein Tag, an dem ich nicht an ihn denken muss“. Den Angeklagten habe er schon gekannt, bevor dieser mit seiner Ex-Freundin zusammengekommen sei. Geschäftlich, „er hat mal bei mir Marihuana gekauft“, gibt er unumwunden zu.

Zeugin hofft auf eine Zukunft mit dem Angeklagten

Während der Prügelei habe jemand geschrien: „Er hat ein Messer.“ Er meint, es könne die 26-Jährige gewesen sein, aber sicher sei er nicht. Die junge Frau, die den Angeklagten offenbar noch immer liebt und auf eine Zukunft mit ihm hofft, erklärt im Zeugenstand, sie habe kein Messer gesehen. Sie weicht den Fragen des Gerichts immer wieder aus, will ihren Lebensgefährten offensichtlich nicht belasten.

Der Angeklagte will laut seinem Verteidiger grundsätzlich zu seiner Person und zu der ihm vorgeworfenen Tat aussagen. Allerdings nicht zum Prozessauftakt, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt. Die Verhandlung wird fortgesetzt.