Die Sicherheitsvorkehrungen am Landgericht Stuttgart sind scharf. Foto: dpa/Marijan Murat

In Nürtingen wäre im November ein Mann mit einem Hammer fast getötet worden. Jetzt hat der Prozess in Stuttgart bekommen.

Nürtingen/Stuttgart - Die hohen Sicherheitsvorkehrungen am Landgericht Stuttgart sowie stolze 15 Fortsetzungstermine bis Anfang Oktober deuten bereits darauf hin, dass es bei der Verhandlung gegen die drei Angeklagten – 18, 19 und 20 Jahre alt – eine umfassende Hintergrundgeschichte geben könnte. Die Staatsanwaltschaft warf den Männern zum Prozessauftakt am Donnerstag vor der zweiten Großen Strafkammer versuchten Totschlag und gefährliche Körperverletzung vor.

Das Opfer erleidet eine Schädelfraktur

Die drei Angeklagten, die sich alle in Untersuchungshaft befinden, sollen ihr Opfer am vergangenen 6. November in einer Bar im Herzen der Nürtinger Altstadt aufgesucht haben. In einer konzertierten Aktion soll einer der Angeklagten dem Opfer mit einem Hammer mehrfach auf den Kopf geschlagen haben, während die beiden weiteren Angeklagten die Attacke gegen mögliche Helfer des Opfers absicherten. „Die Angeklagten haben den Tod des Geschädigten in Kauf genommen“, so die Staatsanwaltschaft.

Der Geschädigte hat eine Fraktur des Hinterhauptbeins, das ist der Schädelknochen am Hinterkopf, sowie Platzwunden und Verletzungen am Unterarm erlitten. Das Opfer lag nach dem Angriff fünf Tage auf der Intensivstation, um sich einigermaßen von seinen schweren Verletzungen zu erholen, so der Staatsanwalt.

Beamte mit Pfefferspray und Schlagstock passen auf

Bereits vor dem Landgerichtsgebäude in Stuttgart sicherten am Donnerstag zahlreiche Beamte das Gelände. Wer in den Verhandlungssaal wollte, musste durch drei Kontrollen. Mobiltelefone, Schlüsselbünde und sonstige Gegenstände mussten abgegeben werden. Einzig die Gesichtsmaske zum Schutz vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus durfte nach der Ausweiskontrolle aufbehalten werden. Die Personalien eines jeden Besuchers wurden dokumentiert, bevor der Gang durch einen Metalldetektor und gegebenenfalls auch noch ein Abtasten durch die Sicherheitskräfte erfolgte.

Im Gerichtssaal sicherten erneut zahlreiche Uniformierte – mit Pfefferspray, Teleskopschlagstock und Handschließen ausgestattet – das Geschehen. Offenbar wurde befürchtet, dass der Konflikt zwischen den Angeklagten und ihrem Opfer von Freunden der jeweiligen Gruppierung im Saal fortgesetzt werden könnte.

Der Streit hat offenbar eine Vorgeschichte

Worum es bei der Auseinandersetzung im November ging, blieb am ersten Verhandlungstag offen. Die drei Angeklagten schwiegen. Im Laufe des Verfahrens sollen noch zahlreiche Zeugen gehört werden, die Licht ins Dunkel bringen könnten. Denn, soviel scheint bereits klar, der blutige Streit war nicht spontan ausgebrochen, sondern hatte eine Vorgeschichte.

Ob der Hammerangriff in Nürtingen in einem Zusammenhang mit weiteren Gewalttaten in Nürtingen und in Plochingen steht, diese Frage könnte im weiteren Verfahren gestellt werden. So war es im Februar diesen Jahres zu einem Messerangriff in Nürtingen gekommen, bei welchem ein 19-Jähriger lebensgefährlich verletzt worden war. Wenige Tage später schreckte eine Schießerei in Plochingen und ein folgender Großeinsatz der Polizei die Öffentlichkeit auf. Auch diese Auseinandersetzung forderte zwei Verletzte, 21 und 29 Jahre alt.

Drei Gewalttaten könnten in einer Verbindung stehen

Anschließend wurden Vermutungen laut, dass die Gewalttaten in einem Zusammenhang zueinanderstehen könnten. In allen drei Fällen handelte es sich um äußerst brutale Auseinandersetzungen zwischen jungen und meist auch polizeibekannten Männern, die in unterschiedlichen Konstellationen in Verbindung stehen. Der Hammerangriff könnte im Zusammenhang mit dem Nürtinger Messerangriff und der Plochinger Schießerei stehen. Erste Vermutungen, dass die Gewalttaten Teil eines Bandenkrieges im Kreis Esslingen sind, kamen im Februar nach der Schießerei in Plochingen auf.