Eine Gewalttat im Jobcenter Nürtingen ist glimpflich ausgegangen. Foto: Horst Rudel

Das 46-jährige Opfer reagiert geistesgegenwärtig und wird nur leicht verletzt. Die Polizei vermutet nach den ersten Ermittlungen, dass der 32-jährige Besucher zugeschlagen hat, weil er mit einer „sozialrechtlichen Entscheidung“ unzufrieden war.

Nürtingen - Der Schock sitzt bei den Mitarbeitern des Jobcenters in Nürtingen (Landkreis Esslingen) auch am Tag nach der Tat noch tief. Am Mittwoch gegen 8.30 Uhr ist ein 46 Jahre alter Kollege in der Einrichtung in der Galgenbergstraße von einem 32-jährigen Kunden mit einem Hammer angegriffen worden. Laut der Staatsanwaltschaft hat der Mitarbeiter den Schlag abwehren können, weil er den Arm des Angreifers zu fassen bekam, bevor ihn das Werkzeug treffen konnte. Er wurde leicht an der Hand verletzt.

Der mutmaßliche Täter, der laut der Polizei wohl aus „Unzufriedenheit mit einer sozialrechtlichen Entscheidung“ zugeschlagen hat, wurde noch vor Ort von Beamten festgenommen und sitzt inzwischen in Untersuchungshaft. Gegen ihn wird der Staatsanwaltschaft zufolge wegen versuchten Totschlags ermittelt.

Die Zahl der Angriffe auf Behördenmitarbeiter nimmt zu

In den vergangenen Jahren hat die Zahl der Gewaltdelikte gegenüber Mitarbeitern behördlicher Institutionen im Land stetig zugenommen. Laut der Kriminalstatistik des Innenministeriums wurden im vergangenen Jahr 567 Straftaten mit dem Opfertyp „Mitarbeiter von Behörden“ registriert. Vier Jahre zuvor waren es 390 gewesen. „Bei der Betrachtung des gesamten Zeitraums wurden insbesondere Rohheitsdelikte wie vorsätzliche leichte Körperverletzungen und Bedrohungen gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Behörden verübt“, heißt es seitens des Ministeriums.

„Wir sind dankbar und froh, dass der Kollege nur leicht verletzt wurde“, sagt Kerstin Fickus, die Pressesprecherin der auch für die Jobcenter im Landkreis Esslingen zuständigen Agentur für Arbeit in Göppingen. Nach der Tat sei das Nürtinger Jobcenter am Mittwoch geschlossen geblieben. Am Donnerstag sei die Arbeit wieder aufgenommen worden. An beiden Tagen seien die Nürtinger Kollegen durch den betriebspsychologischen Service und von Führungskräften betreut worden.

„Gott sei Dank sind solche Fälle die absolute Ausnahme“, erklärt Kerstin Fickus. Dennoch verfügten die Jobcenter über ein „umfangreiches Sicherheitskonzept“, damit die Mitarbeiter „richtig und angemessen“ reagieren könnten, sollten sie in eine solche Situation geraten.

Zu Gewaltausbrüchen wie am Mittwochmorgen in Nürtingen soll es möglichst gar nicht erst kommen. Mit einem sogenannten Kundenreaktionsmanagement hätten Menschen, die sich ungerecht behandelt fühlten, eine Anlaufstelle, um sich zu beschweren. Ein bislang nicht in den Fall involvierter Kollege nehme sich dann des Vorgangs an und bewerte diesen möglicherweise anders.

Spezielle Kommunikationsstrategien

Zudem würden die Mitarbeiter in Kommunikationsstrategien geschult, um auf aggressive Besucher deeskalierend einwirken zu können. Und zur Not stehe ihnen eine Notrufeinrichtung am Computer zur Verfügung, um Kollegen auf ihre Lage aufmerksam zu machen. Weiter werde versucht, durch speziell als Sicherheitsbeauftragte geschulte Mitarbeiter eventuelle Missstände, beispielsweise in der Ausgestaltung der Gebäude, zu beheben.

Am wichtigsten sei jedoch, „dass zwischen den Kunden und den Jobcenter-Mitarbeitern ein beidseitiges Vertrauensverhältnis besteht“, sagt Kerstin Fickus.