Der NSU-Prozess bleibt weiter undurchsichtig. Foto: dpa

Woher bekam das rechtsterroristische NSU-Trio seine Waffen? Ein aus Baden-Württemberg stammender früherer Neonazi windet sich. Doch mit dem NSU und deren Ceska will er nichts zu tun gehabt haben.

Stuttgart - Ein aus dem Südwesten stammender früherer Neonazi hat bestritten, indirekt an der Waffenbeschaffung für den rechtsterroristischen NSU beteiligt gewesen zu sein. Der Zeuge Jug P. zeigte sich bei seiner Befragung im NSU-Untersuchungsausschuss am Montag im Landtag in Stuttgart äußerst schmallippig und gab an, dass er bedroht werde - angeblich von staatlichen Stellen. „Man hat mir im Wald mehrfach aufgelauert.“ Der Ausschuss schenkte ihm allerdings wenig Glauben. FDP-Obmann Nico Weinmann sagte: „Sie bauen hier ein Szenario auf, um ihr Erinnerungsvermögen zu schonen.“

Der Zeuge räumte ein, einst drei Waffen besorgt zu haben - für den damaligen Anführer der Neonaziszene in Rudolstadt (Thüringen), Sven-Kai R., der am Montag ebenfalls im NSU-Ausschuss befragt werden sollte. Sven-Kai R. meldete sich aber - wie schon vor zwei Wochen - krank. Jug P. sagte, es habe geheißen, die Waffen seien für einen Sammler bestimmt gewesen. Dabei habe es sich nicht um Waffen vom Typ Ceska gehandelt, da er keinen „Ostschrott“ habe kaufen sollen. Eine Mordwaffe des NSU, eine Pistole vom Typ Ceska 83, soll in der Schweiz besorgt worden sein. Jug P. bestritt aber auch, dass die besagten drei Waffen, die er beschafft habe, aus der Schweiz stammten.

Von wem er die Waffen kaufte, sagte Jug P. nicht - zum einen führte er Erinnerungslücke an, zum anderen erklärte er, sich selbst nicht belasten zu wollen. Die NSU-Mitglieder Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt will er nicht persönlich gekannt haben.

Unklar ist auch die Rolle eines Drohbriefs

Wegen des Zeugen Sven-Kai R. hatte es im Ausschuss einigen Wirbel gegeben. Der Mann aus Rudolstadt fühlt sich bedroht, da auf seinem Briefkasten die Patrone einer Schusswaffe gefunden worden war. Im zeitlichen Zusammenhang zu diesem Vorfall hatte der NSU-Ausschuss und sein Vorsitzender Wolfgang Drexler (SPD) einen Drohbrief bekommen. Ob das eine etwas mit dem anderen zu tun hat, ist bis heute unklar.

Auch ein weiterer Zeuge erschien am Montag nicht vor dem Ausschuss. Der aus dem sächsischen Zwickau stammende Ralf Marscher soll eine zentrale Rolle in der rechten Szene gespielt haben. Er arbeitete von 1992 bis 2002 als V-Mann namens „Primus“ des Bundesamtes für Verfassungsschutz im Umfeld des NSU. In der Zeit soll er die mutmaßlichen NSU-Mitglieder Uwe Mundlos und Beate Zschäpe in seiner Firma beschäftigt haben. 2002 hatte der Geheimdienst ihn als V-Mann „abgeschaltet“ - 2013 flog seine V-Mann-Tätigkeit auf. Er lebt heute in der Schweiz und wurde vom Ausschuss über Liechtenstein geladen.

Es wurde vermutet, dass der Zeuge gar nicht erscheint

Gegen Marschner liegt in Deutschland ein Vollstreckungshaftbefehl der sächsischen Justiz vor. Dabei soll es um eine Geldstrafe gehen, die er bis heute nicht gezahlt hat. Daher war schon vermutet worden, dass Marschner nicht in Stuttgart erscheint, weil er vermutlich direkt nach seiner Befragung festgenommen worden wäre.

Der Untersuchungsausschuss geht der Frage nach, welche Verbindungen des NSU zu Baden-Württemberg bestanden. Dem rechtsterroristischen „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) werden von 2000 bis 2007 zehn Morde zugerechnet - an Kleinunternehmern ausländischer Herkunft und an der Polizistin Michèle Kiesewetter in Heilbronn.