Die amerikanische Botschaft in Berlin – mit Flagge und Überwachungskamera. Foto: Getty Images Europe

Der jüngste mutmaßliche Spionagefall, bei dem ein BND-Mitarbeiter mehr als zwei Jahre lang den eigenen Dienst im Auftrag eines US-Dienstes ausgeforscht haben soll, bringt auch US-Botschafter John B. Emerson unter Rechtfertigungsdruck.

Berlin - Es dauerte fünf lange Tage, bis die US-Botschaft in Berlin in einem Fall von höchster Priorität für das Gastgeberland an die Öffentlichkeit ging. Was die amerikanischen Diplomaten dann aber unters Volk brachten, hörte sich nicht so an, als würden sie bald Hintergründe einer Geheimdienstaffäre offenlegen, die längst für maximale Verstimmung zwischen Berlin und Washington sorgt.

Der jüngste mutmaßliche Spionagefall, bei dem ein BND-Mitarbeiter mehr als zwei Jahre lang den eigenen Dienst im Auftrag eines US-Dienstes ausgeforscht haben soll, bringt auch US-Botschafter John B. Emerson unter Rechtfertigungsdruck. Statt überzeugt die Qualität US-amerikanischer Steaks und die Vorzüge des geplanten nordatlantischen Freihandelsabkommens (TTIP) zu loben, sucht Emerson nun eine Verteidigungslinie. Reichlich unverbindlich erklärte die US-Botschaft, man sei sich der öffentlichen Behauptungen „bewusst“, wonach ein Deutscher für US-Gemeindienste gearbeitet haben soll. Man wolle laufende Ermittlungen nicht kommentieren, arbeite aber mit der Bundesregierung an einer angemessenen Lösung des Themas.

Der US-Sender CBS berichtete unter Berufung auf US-Regierungsvertreter, dass die CIA an dem Fall beteiligt gewesen sei. Beim Auslandsgeheimdienst der USA sei nicht ein einzelner Mitarbeiter dafür verantwortlich gewesen, sondern es habe sich um eine von oben autorisierte Aktion gehandelt.

Auch wenn der Mitarbeiter des Auslandsnachrichtendienstes BND angeblich nur Hilfskraft in der Abteilung „Einsatzgebiete Ausland“ war, behindert der Fall laufende Reparaturarbeiten am deutsch-amerikanischen Verhältnis, spätestens ausgelöst durch die bekannt gewordene Überwachung des Mobiltelefons von Bundeskanzlerin Angela Merkel durch die NSA. So fordert nun der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), als Konsequenz aus dem mutmaßlichen Spionagefall bei den Verhandlungen über das Freihandelsabkommen TTIP „ein dickes Kapitel Datenschutz und Datensicherheit“ einzufügen. Der CSU-Innenpolitiker Michael Frieser verlangte gar ein „Spitzentreffen der Verantwortlichen“.

Bei ihrem letzten Treffen Anfang Mai in Washington hatten Merkel und US-Präsident Barack Obama das Streitthema NSA weitgehend ausgespart. Die US-Regierung hatte schon vor dem Besuch Merkels erkennen lassen, dass sie kein „No-Spy-Abkommen“ mit Deutschland abschließen wolle, auch um keinen Präzedenzfall für andere Nationen zu schaffen.

Der Geheimdienstexperte der Grünen, Hans-Christian Ströbele, kritisierte die mangelnde Entschlossenheit deutscher Regierungsvertreter im Umgang mit den USA. Wenn es tatsächlich stimme, dass ein BND-Mann für den US-Geheimdienst CIA spioniert habe, dann sei dies gerade nach dem NSA-Skandal „eine ziemliche Unverschämtheit“, sagte Ströbele der „Leipziger Volkszeitung“.

Die Grünen lehnen ähnlich wie die Linken deutsche Gegenspionage als Mittel der Aufklärung ab. Eine Möglichkeit, sich bei den USA wieder Respekt zu verschaffen, wäre aus Grünen-Sicht ein Auftritt des Zeugen Edward Snowden in Deutschland.