Klaus Ernst (links) mit Oskar Lafontaine. Foto: dpa-Zentralbild

Nach Wahldesaster der Linken ist Lafontaine zum Comeback als Parteichef bereit - Bartsch hält dagegen.

Berlin - Offener Machtkampf bei der Linken nach dem Wahldesaster in Nordrhein-Westfalen: Nach langem Zögern hat sich der frühere Vorsitzende Oskar Lafontaine am Montag grundsätzlich zu einer Rückkehr an die Parteispitze bereiterklärt. Voraussetzung ist allerdings, dass sich bei einem Spitzentreffen an diesem Dienstag eine Mehrheit dafür abzeichnet. Der amtierende Parteichef Klaus Ernst will seinen Platz für Lafontaine räumen. Vizefraktionschef Dietmar Bartsch hält aber dagegen und will mit den ostdeutschen Landesverbänden im Rücken an seiner Kandidatur festhalten.

Eine Kampfabstimmung auf dem Parteitag in Göttingen am 2. und 3. Juni könnte zur Zerreißprobe für die Partei werden. Lafontaine steht für einen straffen Oppositionskurs, der Pragmatiker und Reformer Bartsch für eine Öffnung zu SPD und Grünen mit dem Ziel der Regierungsbeteiligung. Als Kompromisslösung ist nun auch Fraktionschef Gregor Gysi im Gespräch.

Die Linke hatte wochenlang auf eine Erklärung Lafontaines zu seinen politischen Karriereplänen gewartet. Am Montag machte der 68-jährige Saarländer erstmals öffentlich klar, dass er grundsätzlich bereit ist, in die Doppelspitze aus einem Mann und einer Frau zurückzukehren. „Aber ich muss klipp und klar sagen, die Arbeitsbedingungen müssen stimmen“, sagte er. „Es kann nicht sein, dass der eine versucht, vorne Tore zu machen, und der andere aufs eigene Tor schießt.“

Am Dienstag will Lafontaine seine Bedingungen für eine Kandidatur dem geschäftsführenden Bundesvorstand und den Landeschefs darlegen. Von der Resonanz will er seine Entscheidung abhängig machen. Lafontaine war vor zwei Jahren wegen eines Krebsleidens als Parteichef zurückgetreten. Inzwischen gilt er als voll genesen.

Prominentester Unterstützer ist Parteichef Ernst

Für eine Überraschung sorgte Lafontaine auch mit der Aussage, den Parteivorsitz und die Spitzenkandidatur für die Bundestagswahl 2013 verknüpfen zu wollen. Beides gehöre untrennbar zusammen, sagte er. „Wer jetzt die Parteiführung übernimmt, ist auch verantwortlich für die nächste Bundestagswahl.“

Prominentester Unterstützer Lafontaines ist der derzeitige Parteichef Ernst. Er hält sich nur noch als Ersatzkandidat bereit, falls Lafontaine doch noch verzichtet. „Ich denke, dass wir mit Oskar Lafontaine auf alle Fälle gewinnen würden“, sagte Ernst. Der bayerische Gewerkschafter betonte aber, dass es zu einer „kooperativen Führung“ kommen müsse.

Welche Frau zusammen mit Lafontaine die vorgesehene Doppelspitze bilden könnte, ist noch völlig offen. Fest steht nur, dass ein Führungsduo mit seiner Lebensgefährtin Sahra Wagenknecht nicht infrage kommt. Es wird aber für möglich gehalten, dass Lafontaine versuchen wird, Wagenknecht zur Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl zu machen.

Heftiger Gegenwind aus den ostdeutschen Landesverbänden

Heftigen Gegenwind bekommt der „Napoleon von der Saar“ aus den ostdeutschen Landesverbänden. Zahlreiche Spitzenpolitiker sprachen sich gegen ein bundespolitisches Comeback des saarländischen Fraktionschefs aus. „Wir brauchen eine neue soziale Idee und die Köpfe an der Spitze, die diese Innovation glaubhaft verkörpern“, sagte etwa der sächsische Linke-Chef Rico Gebhardt der dpa. „Das Recyceln von früheren Vorsitzenden würde daher zur Problemlösung wenig beitragen.“ Unterstützung für Bartsch kam von Linken aus Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen.

Der 54-jährige Reformer hatte seine Kandidatur bereits vor einem halben Jahr angekündigt und zeigte sich am Montag entschlossen, dabei zu bleiben. Eine Unterordnung unter Lafontaine in einem neuen Vorstand komme für ihn nicht infrage, betonte er. „Ich glaube auch, dass Oskar Lafontaine so etwas überhaupt nicht anstrebt.“ Bartsch war schon einmal Bundesgeschäftsführer unter Lafontaine, wurde aber von seinem Chef aus dem Amt gedrängt, weil der ihm eine gezielte Intrige vorwarf.

Der thüringische Linksparteivorsitzende Knut Korschewsky brachte Gysi als Kompromiss zwischen Lafontaine und Bartsch ins Gespräch. „Es gibt neben Oskar Lafontaine und Dietmar Bartsch noch Gregor Gysi, der durchaus in der Lage wäre, die Partei in die nächste Bundestagswahl zu führen - auch als Parteivorsitzender“, sagte er der in Halle erscheinenden „Mitteldeutschen Zeitung“ (Dienstag).

Die Linke war in NRW klar an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert und nach zwei Jahren aus dem Landtag geflogen. Der Bundesvorstand der Linkspartei und die Landeschefs berieten am Montag zunächst separat über die personelle Neuaufstellung, bevor sie am Dienstag gemeinsam tagen. Konkrete Ergebnisse gab es zunächst nicht.